Kaum irgendwo hat die Erosion die Elbsandsteinfelsen so markant geformt wie im Bielatal. Spitze Felstürme prägen das wildromantische Landschaftsbild. Du musst nicht zur Kletterszene gehören, um dir das zerklüftete Gebiet zu erschließen. Je nachdem, ob du Stiegen und Leitern wie am Sachsenstein mitnimmst, liegt der Schwierigkeitsgrad dieser Tour zwischen „mittel“ und „anspruchsvoll“. Einschließlich Pausen an den zahlreichen Aussichtspunkten und Einkehr in Ottomühle sind 4 Std. realistisch. Hinweise zur Anreise und der Link zu einer Karte stehen am Ende des Beitrags.
Neben dem Parkplatz Schweizermühle liegt ein idyllischer Teich. Dort zweigt ein Wiesenweg (gelber Punkt) ab, der den matschigen Talgrund der Biela quert. Dann beginnt ein Aufstieg durch düsteren Fichtenwald, später zwischen Felsen auf einer Steintreppe. Oben angekommen, passieren wir eine Scharte und gleich darauf ein Felstor, das ein heruntergestürzter und steckengebliebener Steinblock gebildet hat.
Ein Kleiber huscht die Felswand entlang. Dann flattert er davon, viel zu schnell, um ihn abzulichten. Weshalb ich in diesem Fall zur Illustration mal wieder auf ein Profifoto zurückgreife. Sein Aussehen hat ihm den Zweitnamen Spechtmeise eingebracht, da er irgendwie an beide Vogelgruppen erinnert und auch in der Größe dazwischenliegt. Im Gegensatz zu Spechten läuft der Kleiber sogar kopfüber. Es bleibt für heute die einzige nennenswerte Tierbeobachtung, aber wir sind ja vor allem wegen der Felsen hier.
Gleich nach dem Felstor steigen wir auf den ersten Aussichtspunkt, den „Nachbar“. Früher soll er sogar „Herr Nachbar“ geheißen haben. Der Blick schweift nach links zur kleinen Siedlung Schweizermühle, gegenüber auf Felsen und nach rechts weit in die herbstlich gefärbten Wälder.
Durch Felstor und Scharte zurück und dann links über eine Kahlschlagfläche kommen wir zu einem Forstweg, auf diesem halten wir uns wiederum links mit dem Wegweiser Richtung Ottomühle. Dann folgt eine schmalere Abzweigung nach links mit dem Schild „Sachsenstein“. Den Abstecher dorthin solltet ihr nicht versäumen. Zwar geht es steile, glitschige Stufen bergab, die anschließend wieder hinaufgestiegen werden müssen, aber der imposante Sachsenstein ist den Umweg allemal wert. Selbst für diejenigen, die sich die lange Leiter zur Aussichtskanzel an seiner Spitze ersparen möchten und nur den Anblick von unten genießen.
Wer sich die über 100 Leitersprossen auf den schwindelerregenden Sachsenstein hinauftraut, muss sich oben noch durch ein Felsloch zwängen, was mit Rucksack auf dem Buckel nicht ganz einfach ist. Dann genießt du in luftiger Höhe den perfekten Blick zur Kaiser-Wilhelm-Feste an der Felskante der anderen Talseite, der wir später noch einen Besuch abstatten.
Erst jedoch die Leiter wieder hinunter und die Treppe im Wald hinauf, zurück zum Forstweg. Dieser quert die Alte Rosenthaler Straße, die dem Namen zum Trotz nur eine breite Schotterpiste ist. Unser nächstes Ziel heißt Johanniswacht, der Weg wird nun schmaler. Wie eine Burg stehen die Felsen dieser Formation zusammen, zwischen schlanken Bäumen und viel Heidelbeergestrüpp. Aus feuchten Gesteinsspalten gucken Farnwedel heraus. Der Aussichtspunkt der Johanniswacht macht es Wanderern leichter, ihn zu erklimmen als den Sachsenstein. Dabei ist der Blick über das Bielatal und seine Felsen von hier vielleicht sogar noch grandioser.
Nach einem Bogen durch die Johanniswacht kehren wir zum erst laubbedeckten, dann teilweise gepflasterten Hauptweg zurück und steigen mit den gelben Punkten sanft hinab. Unten in Ottomühle kehren wir zünftig in der Dachsensteinbaude ein. Unsere Bockwurst mit Kartoffelsalat wird schon bald über den Tresen geschoben und draußen im Freien am Holztisch verspeist. Ein kurzes Stück an der Straße taleinwärts, dann weisen der gelbe Punkt und das Schild „Herkulessäulen“ nach links zum Wiederaufstieg an der anderen Talflanke. Nun wird es Zeit, auch die kleinen Dinge am Wegrand zu beachten. Zum Beispiel die Herbstfärbung der Heidelbeersträucher und Farne, die sich durchaus mit den prächtigen Blättern der Bäume messen können.
Felsgruppen und Bäume gliedern die wildromantische Hochfläche. Schattige Spalten wechseln mit moosbewachsenen Steinklötzen ab. Manche junge Birke oder Kiefer wächst unmittelbar auf dem Fels, wie auch immer sie darin ihre Wurzeln versenken mag. Vom Kanzelstein, zu dem links ein kurzer Abstecher führt, schauen wir weit ins Tal hinauf. Hier ist schön zu erkennen, was die Besonderheit der Felsen im Bielatal ausmacht. Der hiesige Labiatussandstein, nach einer speziellen fossilen Muschel benannt, zählt zu den festesten Gesteinen im Elbsandsteingebirge. Allerdings sind nicht alle seine Sedimentschichten gleich widerständig gegen Erosion, weshalb die typische horizontale Bänderung entstand.
Etwas weiter bietet eine Sitzbank den ersten Blick auf die Felsgruppe der Herkulessäulen, zu denen bald darauf ein Schild den Hang hinunter zeigt. Unten zwischen Felsen mit Namen wie Wegelagerer oder Schraubenkopf wird die Tour zur Kraxelei. (Wer das vermeiden möchte, bleibt besser oben auf dem Hauptweg.) Grüne Pfeile und die senkrechten gelben Striche des „Forststeigs Elbsandstein“ weisen die Richtung zwischen hohen Felswänden. Manchmal erleichtern Treppenstufen und kurze Geländer die Passage. Jetzt wird auch der Blick auf die Kleine Herkulessäule von unten frei. Krass kontrastiert das hell- und dunkelgrau geschichtete Gstein mit den weißen Birkenstämmen im Hintergrund.
Nach kurzem Anstieg wird ein Abstieg durch eine Spalte beklemmend eng. Wir kommen nun zum Highlight des Tages, einem schmalen Aussichtsbalkon mit Blick auf die Herkulessäulen von oben. Vorne steht mit schwerem Felskopf die Große Herkulessäule, rechts und weiter hinten die Kleine. Ihre Bezeichnungen verdanken sie dem Privatforscher Carl Merkel, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts um die Felsformationen des Bielatals bemühte und seine Fantasie bei der Namensgebung spielen ließ. 1904 erfolgte die Erstbesteigung der Großen Herkulessäule. Heute sind allein an der Talseite der Kleinen Herkulessäule acht verschiedene Kletterrouten erschlossen.
Nach dem Aussichtspunkt führt uns der Weg noch einmal durch eine enge, fast unpassierbar wirkende Felsengasse, in der wir uns ganz schmal machen müssen. Danach wird ein ockerfarbener Fels passiert, hinter dem es rechts, noch vor einem größeren Felsen, eine steile Steintreppe hinaufgeht. Wenn du diese Abzweigung verpasst, gelangst du zwar geradeaus auch nach Schweizermühle zurück, doch uriger ist der Weg obenrum.
Überall kündet Flechtenbewuchs an Felsen und Bäumen von Feuchtigkeit, aber auch von sauberer Luft. An der Kante der Hochfläche finden wir die gelben Punkte unseres Rundwegs wieder. Die Kaiser-Wilhelm-Feste ist unser nächstes Ziel. Der romantische Nachbau einer kleinen Bastion über der Steilwand entstand 1880. Angeblich ging die Idee dazu auf eine Stammtischwette zurück. Beim Blick vom dortigen Aussichtspunkt entdecken wir zu unserer Überraschung Latschenkiefern. Wie die hierher gekommen sein mögen?
Rätselhafte Pfeiler mitten im Wald trugen früher Geländer. Sie waren Teil des Romantikergartens, in dem die Kurgäste von Schweizermühle flanierten. Etwas weiter finden wir zugewachsene Aussichtspunkte und ein verwittertes Türmchen, das man ganz im Sinne des Romantikzeitalters seinerzeit schon als Ruine errichtet hatte.
Laubbedeckte Stufen führen nach Schweizermühle hinunter. Wetterfahnen-Aussicht, Kleine Bastei und Berthablick als weitere Aussichtspunkte über dem alten Kurort ersparen wir uns für heute und gehen auf der Straße durch Schweizermühle. Ab 1837 war hier eine Kaltwasserheilanstalt mit Landhäusern und Gärten entstanden, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts funktionierte. Mehrere kohlensäurehaltige Quellen speisten die Kuranlagen. Sogar der letzte sächsische König Friedrich August III. ließ sich hier mehrfach blicken. Wir bewundern die gut erhaltene Villa Lässig im italienischen Stil mit Aussichtsturm und einer Figur der römischen Göttin Flora in einer Fassadennische. Dann wenden wir uns kurz vor dem Parkplatz der „Räuberhütte“ zu, die wohltuend heiße Getränke ausschenkt.
Der Start ist am Wanderparkplatz Schweizermühle (GPS 50.849119, 14.043461), wo sich beim Teich nebenan auch eine Bushaltestelle befindet. Parkgebühr 5 € pro Tag, nur Zahlung mit Münzen möglich. Bus Linie 242 der DVB ab Königstein-Bahnhof (nur April-Oktober; im Winterhalbjahr bis Rosenthal und von dort zu Fuß 15 Min.). Der vorgeschlagene Weg entspricht fast in seiner gesamten Länge dem Rundweg Schweizermühle-Ottomühle (Markierung: gelber Punkt, Übersichtsplan am Wegbeginn beim Teich). Nur kurz vor Schluss wird abgekürzt. Die genaue Wanderroute findet ihr bei Komoot.
Eingekehrt sind wir sowohl nach halber Strecke in Ottomühle in der kultigen Dachsensteinbaude als auch am Ende der Tour kurz vor dem Parkplatz Schweizermühle im Imbiss Räuberhütte. Beide mit Selbstbedienung.