Lausitz: Ins Herz der Dresdner Heide

Unmittelbar vor den Toren Dresdens und ganz im Westen der Oberlausitz liegt die Dresdner Heide. Der Name ist irreführend, denn die typische Heidelandschaft sucht man hier vergeblich. Vielmehr handelt es sich um ein riesiges Waldgebiet, das ehemalige Jagdrevier der Herrscher von Sachsen. Mittendurch schlängelt sich das wunderbar natürliche Flusstal der Prießnitz. Mal sind die vorgeschlagenen Wege breit und bequem, mal auch pfadartig auf steinigem oder lehmigem Untergrund. Die Tour dauert einschließlich Einkehr unterwegs rund 3 Std. Hinweise zur Anreise und den Link zu einer Karte findet ihr am Ende des Beitrags.

Schon sind wir mittendrin in der Wildnis, als wir nach der Brücke hinter dem Parkplatz links in einen breiten Schotterweg einbiegen. Hier empfängt uns ein gelbes Schild mit Eulensymbol. Es weist auf ein Flächennaturdenkmal hin, einen Sumpf im Talgrund der Prießnitz. Die Waldohreule, das offizielle Naturschutzsymbol der DDR, hat es inzwischen auch in den Westen geschafft und steht jetzt in fast allen Bundesländern für den Naturschutz.

Wegen des besonderen landschaftlichen Reizes ist der Weg an der Prießnitz die beliebteste Wanderstrecke der Dresdner Heide. Dennoch herrscht selbst am Wochenende eine unglaubliche Ruhe in dem Tal. Linker Hand stockt ein uriger Bruchwald mit Erlen und Birken, die auch jetzt im November noch einen Teil ihrer Blätter tragen. Ende Mai blühen hier wohl Gelbe Schwertlilien, ihre vertrockneten Fruchtstände sind noch zu erkennen. Jenseits vom Weg setzt sich der Sumpf in einem Rohrkolbenröhricht fort. 

Eine Brücke folgt auf die andere. An der Kuhschwanzbrücke prangen historische Wegzeichen. Über die Jahrhunderte hat sich ein Netz alter Wege mit seltsamen Namen wie Kreuzringel oder Gänsefuß in der Dresdner Heide gehalten. Darin orientierten sich die Menschen mit den sogenannten „Heidezeichen“. Heute sind diese einheitlich in roter Schrift auf weißen Grund gemalt. Das Q steht für den „Kuhschwanz“, eine stilisierte 7 für den Weg „Alte Sieben“. Diese beiden Routen queren an der Kuhschwanzbrücke. Wir ignorieren die Zeichen und folgen weiter dem Schotterweg. 

Das Prießnitztal wurde als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen. Nicht zuletzt wegen des Fischotters, der hier wieder sein Revier hat. Uns ist vollkommen klar, dass die Chance, eines der Tiere zu Gesicht zu bekommen, tagsüber gegen Null geht. Fischotter sind nacht- und dämmerungsaktiv und Menschen gegenüber sehr scheu. Allerdings hinterlassen sie Spuren in Form von Kot, vorwiegend an Brücken, unter denen sie grundsätzlich nicht hindurchschwimmen, sondern diese an Land überqueren. Ob der schmale Trampelpfad neben dieser Brücke von Fischottern stammt? Obwohl wir eifrig Ausschau halten, sehen wir keinen Kot, der übrigens an den vielen unverdauten Speiseresten erkennbar sein soll. Hier findest du Abbildungen. 

Die Herbstsonne wirft durch die schütteren Baumkronen Lichtflecken auf den Boden. Nur Vogelgezwitscher durchbricht die Stille. Kohlmeisen hüpfen in einem Gebüsch herum. Aufgeregt flattert ein Eichelhäher über den Weg. Dieser allerdings keine echte Rarität, sogar in Stadtgärten wird er immer öfter gesichtet. Sehenswert ist er mit seinem bunten Gefieder aber allemal.

Foto: AndreaGibhardt bei Pixabay

Wie wir bald feststellen, sind in der Dresdner Heide einige Pilzsammler unterwegs. Abseits des Weges stöbern sie, mit Beuteln und Körben bewaffnet, im tiefen Laub. Wir entdecken ein paar Schirmlinge. Da sich in der Verwandtschaft dieser Pilze sowohl essbare als auch ungenießbare bis giftige Vertreter finden, werden sie von den Sammlern stehengelassen. Auch wir lassen die Hände davon. Die Unterscheidung fällt selbst Spezialisten schwer.  

Von den Brücken an der Prießnitz ist die zinnengekrönte Schwedenbrücke wohl die schönste. 1841 erbaut, wurde sie nach dem schwedischen Heer benannt, das hier während des Dreißigjährigen Krieges von 1637 bis 1639 lagerte. So steht es auf einer Tafel vor der Brücke.

Bei der Schwedenbrücke biegen wir rechts ab. Zwar könntest du jetzt den bequemen, ausgeschilderten Weg rechts Richtung Hofewiese wählen, doch wir empfehlen es etwas abenteuerlicher. Ein flacher Holzplankensteg führt uns unmittelbar neben einer Sitzgruppe über das Steingründchenwasser, einen schmalen Zufluss der Prießnitz, in dessen laubbedecktes Seitental hinein. 

Der unmarkierte Steingründchenweg, der eigentlich ein Pfad ist, hält einige aus dem Boden ragende Wurzeln und noch weitere Holzstege bereit, die den vom Herbstlaub fast erstickten Bachlauf überbrücken. Uns umfängt ein sehr ursprünglicher Schluchtwald. Nur das entfernte Klopfen eines Spechts und das Krächzen von Krähen durchbrechen die Stille.

Einen breiteren Waldweg queren wir und treffen wenig später auf den historischen „Mittelweg“, der uns links zur Hofewiese führt. Die weite, ganz zentral und einsam in der Dresdner Heide gelegenen Lichtung diente ehemals zur Heugewinnung für die Wildfütterung und später zur Pferdezucht. Am früheren Haus des Wiesenvogts kehren wir im Biergarten ein. 

Von der Hofewiese wandern wir ein kurzes Stück auf dem „Mittelweg“ zurück und dann links mit der Wegmarkierung „Alte Sieben“. Der Weg trägt in Teilen noch seine alte Kopfsteinpflasterdecke und führt uns über das Plateau der Dresdner Heide. Echte Heidevegetation wächst hier nicht, dafür durchqueren wir urige Laubwaldstücke, treffen aber auch auf Kahlschlagflächen, wo Fichten wegen Trockenschäden und Borkenkäferbefall gerodet werden mussten. Diese gebietsfremden Nadelbäume ersetzt die Forstverwaltung jetzt durch junge Laubgehölze. Entsprechende Pflanzmaßnahmen sind im Gang. Durch einen Hohlweg, an einem moorigen Teich und über Binnendünen steigen wir ins Tal der Prießnitz ab und stehen wieder an der Kuhschwanzbrücke.

Wir wenden uns am Fluss entlang links auf der vom Hinweg bekannten Route. Der Wind hat aufgefrischt, Blätter rieseln nun reichlich zum Boden hinab. Von weitem glauben wir, doch noch Fischotter entdeckt zu haben, aber es sind nur große Luftblasen, die auf der Prießnitz treiben. Vier Reiter preschen im Galopp an uns vorbei, da kommt sogar etwas Wild-West-Stimmung auf. Zu guter Letzt schauen wir uns das an der Einmündung vor dem Parkplatz zwischen Bäumen versteckte Denkmal für Guido Hammer genauer an. Ein Medaillon zeigt den erfolgreichen Tiermaler des 19. Jahrhunderts, der oft in die Dresdner Heide zum Jagen kam.

Ausgangspunkt des Rundwegs ist der ziemlich genau im Zentrum der Dresdner Heide gelegene, gebührenfreie Wanderparkplatz an der Heidemühle (GPS 51.094841, 13.841626). Er ist nicht ausgeschildert und liegt nördlich der Radeberger Landstraße etwas versteckt hinter der ehemaligen Traditionsgaststätte „Einkehr an der Heidemühle“, vor der jetzt ein Imbisswagen steht. Anfahrt mit Öffis: Regionalbus Oberlausitz Linie 520 ab Dresden bzw. Bischofswerda/Radeberg bis Heidemühle. Unsere Wanderung folgt zunächst der sogenannten Prießnitztalstraße, die aber keine Straße ist, sondern ein Fuß- und Radweg. Später läuft man auf dem unmarkierten Steingründchenweg und weiter auf dem Mittelweg (Markierung: M mit integriertem W) zur Hofewiese. Zurück haben wir den historischen Weg „Alte Sieben“ (Markierung: eine stilisierte 7) gewählt. Einen Tourenplan findet ihr bei Komoot.

Unser Einkehrtipp für zwischendurch: Landgut Hofewiese mit Biergarten, in dem mehrere Buden Speisen und Getränke mit Selbstbedienung verkaufen (im Winter nur am Wochenende geöffnet).

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