Sächsische Schweiz: Tafelberge Pfaffenstein und Quirl

Gern als „Sächsische Schweiz im Kleinen“ bezeichnet, bietet der Pfaffenstein (435 m) so ziemlich alles, wofür diese einmalige Naturlandschaft bekannt ist: bizarre Felsgruppen, enge Spalten, Klettersteige. Ein weiterer Tafelberg oberhalb von Königstein, der Quirl (350 m), wird mit seinen Höhlen als Geheimtipp gehandelt. Kolkraben haben in dem Gebiet ihr Revier und sind an ruhigen Tagen zu beobachten. Wegen einiger Passagen über Leitern und steile Treppen ist der Rundweg, der die beiden benachbarten Berge verbindet, recht anspruchsvoll. Bei gemütlichem Tempo solltet ihr einschließlich kleinerer Pausen 4 Std. kalkulieren. Hinweise zur Anreise und der Link zu einer Karte stehen am Ende des Beitrags.

Erst einmal orientieren wir uns am Malerweg. Auf dem legendären Mehrtages-Rundweg erkundeten schon die Künstler der Romantik im 19. Jahrhundert die Sächsische Schweiz. Ab dem Parkplatz Pfaffenstein ist er ausgeschildert. Rechts schauen wir zur Festung Königstein hinüber und schon stehen wir am Fuß des Pfaffensteins. Hier biegt der „bequeme Aufstieg“ nach rechts. Wir wollen uns aber das berühmte Nadelöhr nicht entgehen lassen, wenden uns also nach links. Der Aufstieg beginnt recht harmlos auf einer Treppe durch den herbstlich gefärbten Wald. Farnwedel wachsen aus moosbewachsenen Felsen heraus. Weiches Laub bedeckt den Boden.

Dann türmen sich die Felswände beiderseits des Weges immer höher, rücken dichter zusammen. Aus dem Treppenweg wird eine Kletterleiter. Unterwegs ermöglicht ein Aussichtspodest eine kurze Rast mit Blick zurück über Pfaffendorf hinweg zum Lilienstein, dem markantesten Felskranz der sächsischen Tafelberge und zugleich dem einzigen rechtselbisch gelegenen. Dann durchsteigen wir das Nadelöhr, ein ovales Felsloch, dessen Form seinem Namen alle Ehre macht. Ein Mensch mit Rucksack passt so eben hindurch.

Auf dem Hochplateau ist Aufatmen angesagt. Über die zerklüftete Fläche verteilt fristen knorrige Birken und Kiefern zwischen gekippten Felsplatten ein karges Dasein. Die Berggaststätte auf dem Pfaffenstein ist im Winterhalbjahr geschlossen. Wir haben vorgesorgt, mit Proviant aus einer Bäckerei in Königstein. Leider ist auch der verwitterte Aussichtsturm zugesperrt. Schon 1904 errichtet, in einer Zeit des aufstrebenden Tourismus, soll er einen Überblick über die gesamte Sächsische Schweiz bieten.

Unser nächstes, bestens ausgeschildertes Ziel ist die Barbarine. Bevor wir dieses Wahrzeichen der Sächsischen Schweiz erreichen, wird noch einmal über Treppen und Leitern gestiegen. Wieder ist es zwischen Felswänden fast schon beklemmend eng. Wir passieren einen Balkon mit Fernblick zum Erzgebirge und dann ein paar Felsen, in denen das Klettern während der Brutzeit der störempfindlichen Wanderfalken untersagt wurde. Der Weg endet an einer Aussichtsstelle auf glatt geschliffenen Felsen, ideal für eine Pause. Zuvor aber ist die Barbarine an der Reihe. Links führt eine schmale Kluft zu einem Naturbalkon mit Steinbank und dem perfekten Blick auf die zum Greifen nahe Felsnadel. Früher hieß sie auch Jungfernstein. Mit ihr verband sich eine Sage, die Kinder zum Gehorsam mahnte. Statt zum Gottesdienst in die Kirche zu gehen, stieg ein Mädchen auf den Pfaffenstein, um Heidelbeeren zu naschen. Voller Zorn sprach die Mutter, die hinterhergelaufen war, eine Verwünschung aus, woraufhin die Tochter zu Stein erstarrte. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden immer wieder Sicherungsmaßnahmen nötig, um die Barbarine vor dem Einsturz zu bewahren. Seit 1975 besteht daher vollständiges Kletterverbot.

Nun aber ab zum Quirl. Dazu gehen wir ein Stück zurück und folgen dem Schild „Bequemer Weg“. Dieser führt spektakulär genug durch eine Klamm, deren Wände schroffe Spalten gliedern. Die Verwitterung hat am Sandstein kleinteilige Spuren hinterlassen. Auf jedem noch so winzigen Vorsprung halten sich krumm gewachsene Birken und Heidekraut. Eine in den Fels genageltes Medaillon ehrt Karl Gottlob Jäckel, der als Fremdenführer den Pfaffenstein touristisch erschloss, 1879 einen ersten Wanderweg anlegte und eine Sommerwirtschaft einrichten ließ. 

Vom Fuß des Bergs queren wir eine kurze Wiese und gelangen gleich wieder in einen Wald, immer dem Malerweg folgend. Nach ein, zwei Abzweigungen und einem großartigen Blick zurück zum Pfaffenstein ist an einer Gabelung der Aufstiegsweg zum Quirl erreicht, der sich nun vom Malerweg entfernt. Rechts wandern wir bergan auf dem „Kanonenweg“. Der breite, sorgfältig mit Steinquadern befestigte Weg steht unter Denkmalschutz. Napoleonische Truppen legten ihn 1813 an, um mit Pferden schwere Geschütze zum Gipfelplateau zu ziehen. Von dort aus beschossen sie die Festung Königstein, um sie letztlich doch nicht zu erobern. 

Oben angekommen, rasten wir mit Aussicht über weite Wälder und folgen dann den gelben Senkrechtstrichen des Forststeigs Elbsandstein. Dieser insgesamt 105 km lange, einsame und Siedlungen umgehende Trekkingpfad erschließt die wildesten Ecken der Sächsischen Schweiz südlich der Elbe. Er führt buchstäblich über Stock und Stein, über Wurzeln und Felsplatten, und setzt Trittsicherheit und Orientierungssinn voraus.

Noch einmal öffnet sich der Blick über die Landschaft, von nun an ist die Hochfläche des Quirls dicht überwuchert. Ohne die Markierungen würde man sich ziemlich verloren fühlen. Kaum zu glauben, dass hier oben in früheren Jahrhunderten Felder lagen, die Bauern aus Pfaffendorf bewirtschafteten. Statt Fernblicken ergeben sich jetzt Einsichten in schummrige, bemooste Spalten. Im Gegensatz zum Pfaffenstein ist am Quirl nichts mit Geländern gesichert, Vorsicht ist also angesichts der oft zugewachsenen Abgründe geboten!

Der Abstieg vom Plateau ist gar nicht so einfach zu finden. Während wir noch rätseln, da die gelben Markierungen durch Abholzung von abgestorbenen Nadelbäumen verschwunden sind, fliegt vor uns ein Vogel in eine Baumkrone hinein. Sein blauschwarzes Gefieder und der laute Ruf kroack weisen ihn als Kolkraben aus. Ein zweiter gesellt sich dazu. Wir wussten, dass Kolkraben in den Felsen des Quirl brüten, hatten aber nicht damit gerechnet, jetzt im Herbst welche zu Gesicht zu bekommen. Die Internetrecherche ergibt, dass sich die Paare bereits im August in den Brutgebieten einfinden, monatelang mit der Balz beschäftigt sind und ab Februar dann brüten. Die um 1850 verschwundenen Vögel sind vor etwa vier Jahrzehnten wieder aufgetaucht und haben rasch das ganze Elbsandsteingebirge zurückerobert.

Foto: schauhi bei Pixabay

Um die Tiere nicht zu stören, umgehen wir die Stelle im Bogen und finden die nun abwärts weisenden gelben Markierungen wieder. Eine glitschige Treppe führt zur wildromantischen Quirlpromenade hinab. Auf dieser wenden wir uns rechts, finden rote Markierungspunkte und sehen bald erste Höhlen in der Nordwand des Quirls. Die Geologen nennen sie Schichtfugenhöhlen, da sie sich entlang horizontaler Fugen gebildet haben. Das Gestein ist hier unten weicher und leichter erodierbar als die darüberliegende Schicht des Gipfelplateaus. Durch Verwitterung sind Waben und sogar „Sanduhren“ entstanden.

Gähnend tut sich ein größerer, besonders dunkler Schlund auf. Das ist die legendäre Diebshöhle, auch Diebskeller genannt, die flächenmäßig größte Höhle der Sächsischen Schweiz. Fast 30 Meter reicht sie mit knapper Stehhöhe in den Berg. An dem alten Steintisch im Mundloch ließ sich der sächsische König 1755 während der Jagd eine Mahlzeit schmecken. 

Weiter stapfen wir durch eine tiefe Laubschicht durch dichten Buchenmischwald und halten uns wieder an die Beschilderung des Malerwegs. Bei einer kleinen Ferienhaussiedlung weist uns ein Schild nach rechts Richtung Pfaffenstein. Wir umgehen einen Fußballplatz und erreichen den alleeartigen „Querweg“ mit grünen Punkten. Nach rechts ist es nicht mehr weit zum Parkplatz. Dort verabschiedet uns ein Brunnen mit reichlich Patina und einem lockigen Knabenkopf als Wasserspeier. An heißen Tagen dürfte er eine willkommene Abkühlung bieten, heute schwimmt Herbstlaub in dem Trog.

Am Wanderparkplatz Pfaffenstein (Tagesgebühr 9 €, Kartenzahlung möglich) geht es los (GPS 50.906165, 14.081637). Wer mit der Bahn nach Königstein angereist ist, steigt mit dem grünen Punkt zum Pfaffenstein hinauf und nach der Diebshöhle mit dem roten Punkt wieder dorthin hinab (zusätzliche Gehzeit ca. 1 Std.). Großenteils folgt die Route dem „Malerweg“ (Schilder und Markierung M), am Quirl zwischenzeitlich dem „Forststeig Elbsandstein“ (senkrechter gelber Strich). Für die Rückkehr zum Parkplatz benutzen wir den „Querweg“ (grüner Punkt). Einen Streckenplan findet ihr bei Komoot.

Nach der Wanderung muss der Ausflug noch nicht beendet sein. Eine angenehme Einkaufsadresse ist Beck’s Obstscheune in Krietzschwitz an der B 172 nach Pirna. Der Hofladen hält nicht nur Äpfel und Birnen aus eigenem Anbau, sondern auch viele weitere regionale Produkte bereit. Nebenan betreibt die Landbäckerei Schmidt ein kleines Café.

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