Madeira: Zum Ursprung der Levada dos Tornos

Das System der Levadas auf Madeira ist ein technisches Meisterwerk. Über viele Kilometer hinweg leiten die schmalen Känäle Quellwasser aus dem regenreichen Norden in den trockeneren Süden der Insel, wo es Felder und Plantagen bewässert. Einer der längsten dieser Kanäle ist die Levada dos Tornos, zu deren Ursprung in den Bergen oberhalb des Dorfes Boaventura wir heute durch dichten Lorbeerwald wandern. Die Gesamtgehzeit beträgt etwa 5 Std., kann aber nach Belieben verkürzt werden. Weitere Hinweise und den Link zu einem Wanderplan findest du am Ende dieses Beitrags.

Steil windet sich der alte Pflasterweg nach oben. In früheren Jahrhunderten stellte die Vereda do Urzal die Straßenverbindung von Boaventura und dem Süden Madeiras dar. Ganze Kolonnen von Trägern schleppten auf Wegen wie diesen frisch gepressten Traubensaft aus den Weinbergen im Inselnorden zu den Weinkellereien in Funchal. Da sind unsere Rucksäcke doch um einiges leichter.

Nach kurzem, aber knackigem Aufstieg erreichen wir 20 Minuten später die Stelle, an der die Levada dos Tornos den Weg quert.

Ganz in der Nähe gucken zwischen Farnwedeln die Blüten des Madeira-Storchschnabels heraus, einer der attraktivsten Wildpflanzen Madeiras, die man auf der Insel auch häufig in Gärten sieht. Unter günstigen Umständen kann er einen Meter hoch werden.

Um zum Ursprung der Levada, der sogenannten Madre (Mutter), zu gelangen, gehen wir recht, dem träge fließenden Wasser des Kanals entgegen. Üppiger Lorbeerwald mit Bäumen, Sträuchern, Kräutern und Moos in allen Grüntönen säumt den Weg, der im weiteren Verlauf einige Schwindelfreiheit erfordern wird. Immer wieder gibt es ein paar Meter lange Stellen, an denen seitlich gewisse Abgründe lauern. (Wenn du dir das ersparen möchtest, gehst du am besten gleich an der Abzweigung links weiter, die Beschreibung dieses Wegabschnitts folgt weiter unten.) Wir sind also erst einmal entgegen der Fließrichtung unterwegs. Immer wieder ergeben sich Einblicke in Seitentäler mit dichtem, schier undurchdringlichem Bewuchs.

Schließlich ist ein Wasserfall erreicht, der die Levada an ihrem Ursprung speist. Unterwegs auf ihrem über 100 Kilometer langen Lauf werden dann noch viele weitere Wasserfälle und Quellen hinzukommen und die Levada wird immer breiter und tiefer werden. Wir nutzen diesen idyllischen Platz für eine Pause, um dann umzukehren.

Zurück geht es zunächst auf gleicher Strecke bis zu der schon bekannten Abzweigung. Wir sind jetzt bereits an die zwei Stunden unterwegs. Dennoch wollen wir die Levada auch in Gegenrichtung erkunden. An Überläufen verschwindet sie immer mal in dunklen Schlünden wie diesem, kommt aber nach einigen Metern wieder ans Tageslicht.

Von der nassen Felswand neben dem Weg tropft oder rinnt überall Wasser.

Die permanente Feuchtigkeit lässt Sporenpflanzen gut gedeihen, hier zum Beispiel Lebermoos und Frauenhaarfarn. Letzterer verträgt keine direkte Sonne.

Blütenpflanzen sind sehr selten im immergrünen und stets schattigen Lorbeerwald, tauchen aber an lichteren Stellen entlang der Levada ab und zu auf, hier der Zweifarbige Schöterich. Er besiedelt gern felsigen Untergrund. Seine Blüten sind zunächst hell und färben sich später kräftig violett.

Manchmal gibt es Lücken zwischen den Bäumen. Dann sind weite Blicke in die Landschaft möglich, die hier alpines Format. Fast unberührter Lorbeerwald überzieht den Fuß einer Reihe von Picos, so weit das Auge reicht.

Diese Brückenkonstruktion umgeht eine Stelle, an der ein Wildbach nach stärkeren Regenfällen heftig über die Levada sprudelt. Auch bei trockenem Wetter wie jetzt ist es ratsam, diesen kleinen Umweg zu gehen.

Hier wurde die Levada in eine steile Felswand gehauen. Aus ihr gucken Basaltsäulen heraus, auf Madeira eine Seltenheit.

Etwas weiter hat man beim Levadabau das etwas weichere, rötliche Vulkantuffgestein zerschnitten. Wenn du zum Mietwagen zurückkehren möchtest, bietet sich hier die Umkehr an.

Wer weitergeht, erreicht bald ein Betriebsgebäude der Levadabehörde und steigt von dort auf einer Piste in den kleinen Ort Fajã do Penedo ab. Rückblickend sieht die soeben durchwanderte Berglandschaft dann so aus.

Ausgangspunkt dieser Tour ist der kleine Wanderparkplatz im Weiler Lombo do Urzal (GPS 32.782237, -16.978520) , ganz oben im Tal von Boaventura. Dort steht eine Wandertafel, die den offiziellen Wanderweg PR 2 zum Torrinhas-Pass und weiter nach Curral das Freiras zeigt. Dieser ist nur zu Beginn, bis zur Levada dos Tornos, mit dem von uns vorgeschlagenen Weg identisch. Einen Streckenplan der hier vorgestellten Tour findest du bei Komoot. Der Aufstieg von Lombo do Urzal bis zur Levada dos Tornos dauert 20 bis 30 Minuten. Bis zur Madre der Levada sind es von dort hin und zurück ca. 1,5 Stunden, in Gegenrichtung nach Fajã do Penedo ca. 3 Stunden. Wer nicht zum Mietwagen in Lombo do Urzal zurückläuft, benötigt ab Fajã do Penedo einen Taxitransfer (ab 25 €). Am besten schon vorher absprechen, z.B. am Taxistand in São Vicente oder über die eigene Unterkunft. Die Wartezeit lässt sich in der Bar Figueira bei der Kirche von Fajã do Penedo oder etwas weiter unten an der Regionalstraße im Restaurant Portadas, das auf Fleischspieße spezialisiert ist, überbrücken.

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