Katalonien: Steinige Landschaft im Naturpark Cap de Creus

Nach Regenwetter am Vormittag steht uns ein Nachmittag mit klarem Himmel und steifem Nordwind für diese Unternehmung zur Verfügung. Wir wählen den steilen Südwesthang der Serra de Rodes, um die winterliche Nachmittagssonne an einem der kürzesten Tage des Jahres voll auszukosten. In Palau-saverdera, einem sehr ursprünglichen Wein- und Olivenbauernort, geht es los. Dort beginnt und endet der Itinerari 8, ein Rundweg des Naturparks Cap de Creus, der als Highlight die weithin sichtbare, einsam am Berg stehende Ermita de Sant Onofre berührt. Etwa 2,5 Stunden sind wir auf dem Wanderweg, der es mit steilen und steinigen Passagen durchaus in sich hat und fast 400 Höhenmeter überwindet, unterwegs gewesen. Weitere praktische Hinweise und der Link zu einer Karte stehen am Ende des Beitrags.

Erst einmal geht es links neben dem historischen Gutshof Mas Cusi steil bergauf. Der alte Pilgerweg ist holprig und steinig. Die blendend weiße Ermita hoch oben am Berg, unser erstes Etappenziel, haben wir nun stets vor Augen. Sie strahlt so hell, als sei sie selbst eine Lichtquelle. Darüber ragen die Granitfelsen der Serra de Rodes auf.

Am Wegrand sind alle Eichenarten versammelt, die im Naturpark Cap de Creus gedeihen. Die großen Blätter der laubabwerfenden Flaumeiche, die an windgeschützten Stellen wächst, haben sich herbstlich gefärbt. Alle anderen Eichen sind immergrün und mit kleinen, harten, der Trockenheit standhaltenden Blättern ausgestattet. Wegen ihrer dicken Rinde ist die robuste Korkeiche unverkennbar. 

Kurz vor Weihnachten zeigen sich an der Costa Brava zwar nicht allzu viele Blüten, aber es gibt welche zu sehen. Allen voran die traubigen weißen Blütenköpfchen des sehr häufigen Strand-Silberkrauts. Es blüht hier rund ums Jahr. 

Gewagt wurde die Ermita de Sant Onofre auf einem senkrechten Felsvorsprung errichtet. Laut einer Legende fand im 14. Jahrhundert ein Hirte die Statue des Einsiedlers Onuphrius, der 60 Jahre lang in der ägyptischen Wüste gelebt haben soll, in einer nahegelegenen Höhle. Er brachte sie dem Pfarrer in die Kirche von Palau. Doch am nächsten Tag war sie verschwunden und wurde wieder in ihrer Höhle angetroffen. Die Dorfbewohner verstanden das Zeichen und errichteten dem Heiligen eine Kapelle fernab vom Ort.

Von jetzt an bläst uns der kräftige Nordwind direkt auf diei Nase. Mühselig kämpfen wir uns auf der nun breiten, fast steigungslosen Forstpiste voran. Dafür entschädigen großartige Ausblicke auf den Golf von Roses und bis zu den Pyrenäen. Unser nächstes Ziel und höchster Punkt der Wanderung ist der Picknickplatz Mas Ventós, in den ein jahrhundertealter, verfallener Gutshof mitsamt der ihn umstehenden Zypressen einbezogen wurde.

Am Mas Ventós könnte man die mitgebrachten Vorräte auspacken. Uns ist es aber zu windig, also beginnen wir gleich mit dem Abstieg, jetzt wieder auf einem richtig „wilden“ Weg mit weiteren grandiosen Aussichten, der Carrerada de Mas Ventós. Dies war einmal ein von kunstvoll aufgeschichteten Mauern gesäumter Viehauftriebsweg, auf dem Schaf- und Ziegenherden im Sommer in die Berge geführt wurden. Hier gilt es wirklich aufzupassen, um nicht ins Rutschen oder Stolpern zu geraten. Wir sehen die einzigen beiden größeren Vögel des Tages, wahrscheinlich Rothühner, die scheu davonflattern. Und hier treffen wir auch den einzigen Menschen, der heute außer uns in dieser einsamen Landschaft unterwegs ist: einen Trailrunner, der barfuß über die groben Steine tänzelt.

Unterwegs finden wir an einer windgeschützten Weggabelung ein paar sonnige Granitfelsen, die zu einer Pause einladen. An dieser Stelle beginnt rechts der kurze Abstecher zum Dolmen de la Muntanya d’en Caselles, einem von zahlreichen Dolmen, die am Südabhang der Serra de Rodes gefunden wurden. Dieser hier ist besonders gut erhalten und offenbart seine perfekte Tischform dennoch erst beim genauen Hinsehen. Vor Jahrtausenden zur Zeit der Megalithkultur geschaffen, diente er wahrscheinlich als Grabstätte und war ursprünglich von einem Erdhügel bedeckt.

Zuletzt entdecken wir noch Pflanzen, die von der Naturparkverwaltung nicht so gerne gesehen werden: Opuntien, auch Feigenkakteen genannt und ursprünglich aus Mexiko stammend. Sie zählen zu den problematischsten invasiven Arten im Park, da sie sich in der Nähe der Ortschaften in aufgegebenen Olivenplantagen ausbreiten. Vor Jahrzehnten wurden ihre stacheligen, feigenähnlichen Früchte an der Costa Brava noch viel gegessen. Heute macht sich kaum noch jemand die Mühe, sie zu sammeln. Diese Exemplare hier sind von speziellen Schildläusen befallen, die einen weißen Belag auf den fleischigen Trieben bilden und früher mancherorts die wertvolle rote Koschenillefarbe lieferten.

Bäume umgeben die Quellfassung der Font de Dalt, um ihr im Sommer Schatten zu spenden. Darunter wird das Wasser in einem Bassin aufgefangen. Die Einwohner von Palau treffen sich gerne an dieser Quelle, in deren Nähe unser Rundweg endet. Ihr Wasser ist offiziell nicht als trinkbar deklariert, aber viele Menschen aus der Umgebung schätzen seinen frischen Geschmack und füllen es in Flaschen ab. 

Gestartet wird in Palau-saverdera am gebührenfreien Parkplatz unterhalb der Font de Dalt, am Beginn der Straße Carrer Canigó (GPS 42.309310, 3.150554). Dort steht eine Wandertafel, die den Wegverlauf zeigt. (Falls der Parkplatz belegt ist: Einen weiteren findest du ganz in der Nähe, oberhalb der Font de Dalt.) Einen Plan der Tour habe ich bei Komoot eingestellt. Eine Karte des Naturparks Cap de Creus, in der unser vorgeschlagener und weitere Wanderwege eingezeichnet sind, gibt es hier. Vom Parkplatz den Carrer Canigó hinauf, am oberen Ortsrand dann ein paar Meter rechts bis zum ehemaligen Gutshof Mas Cusi, neben dem der beschilderte Wanderweg Itinerari 8 beginnt. Anfahrt mit dem Linienbus: Ab Roses (Busbahnhof) verkehrt Linie 12 nach Palau-saverdera. Bushaltestelle am Kreisverkehr am unteren Ortsrand, von dort 15 Minuten zu Fuß bis zur Font de Dalt.

Unser Einkaufstipp für nach der Tour: Naturtrübes Olivenöl in großen Kanistern (2 oder 5 l) verkauft die Cooperativa Agrícola. 1933 gegründet, ist sie nach wie vor in ihrem historischen Gebäude am unteren Ortseingang von Palau-saverdera untergebracht. Außer Öl gibt es Oliven, Wein und andere lokale Produkte. 

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