Katalonien: Radtour durch den Naturpark Aiguamolls

Heute wollen wir den weitläufigen Ostteil des Parc Natural Aiguamolls de l’Empordà mit dem Fahrrad erkunden. Dort streifen große Herden halbwild lebender Camarguepferde und Wasserbüffel durch je nach Jahreszeit morastige oder steppenähnliche Landschaften. Im Auenwald am Fluss La Muga haben Kormorane eine riesige Überwinterungskolonie. Ab Roses dauert die Rundfahrt mit Stopps zum Fotografieren und Schauen 3,5 bis 4 Stunden. Links zu einem Streckenplan und weitere Hinweise findest du am Ende des Beitrags.

Der erste Eindruck beim Einschwenken in den Radweg Richtung Vilaüt: Hier ist es staubig. Gestern, bei heftigem Nordwind, wehten riesige Staubfahnen über die Aiguamolls, wie wir von Weitem sehen konnten. Wir passieren markante Granitfelsen, von denen die Landschaft durchzogen ist. Einer davon ist besonders, denn eine Korkeiche hat beschlossen, mit dem Wenigen an Wasser und Nährstoffen auszukommen, das ihre Wurzeln aus einem schmalen Gesteinsspalt heraussaugen können. Nicht nur farblich scheint sie mit dem Fels völlig verwachsen. Das ganze Gebiet war vor der teilweisen Trockenlegung für die Landwirtschaft ein riesiger See, aus dem die Granitfelsgruppen wie Inseln herausgeragt haben sollen.

Zur Vogelbeobachtungshütte am Estany de Vilaüt führt ein verschwiegener Pfad, auf dem aus Rücksicht auf die Vogelfauna vom Rad abgestiegen werden soll. Ein Blick durch die Fensterschlitze der Hütte verstärkt den Eindruck großer Dürre. Wo eigentlich ein See sein sollte, erstreckt sich eine Steppe vor der Kulisse der Pyrenäen. Monatelang hätte es nicht geregnet, erzählte uns eine Markthändlerin in Roses, als wir Olivenöl aus einem Nachbarort bei ihr kauften. Seit dem Sommer sei dessen Preis um 50 Prozent gestiegen, wegen des Wassermangels. Die Erntemenge hatte sich in Spanien schon im Vorjahr mehr als halbiert, für dieses Jahr wird kaum Besserung erwartet.

Die auf dem Naturparkplan noch als Radweg eingezeichnete Verbindung von der Felsgruppe mit Korkeiche zur GIV-6103 erweist sich als nur noch zu Fuß passierbar. Also zurück zur letzten Abzweigung. Dort stehen Wasserbüffel bei einer Farm Spalier. Sie liefern die Milch für den Mozzarella catalana, der im Käsefachhandel und in Feinkostgeschäften in Nordkatalonien vertrieben wird. Die ursprünglich aus Asien stammenden Tiere wurden 2011 im Naturpark Aiguamolls angesiedelt, nicht nur wegen der Käseproduktion, sondern auch um durch Beweidung Flächen von Bewuchs freizuhalten. Nachdem wir sie gebührend bewundert und sie uns ebenfalls neugierig gemustert haben, fahren wir zu der schmalen Straße GIV-6103 zurück, die wir auf dem Hinweg überquert hatten. Jetzt halten wir uns auf der Straße rechts.

Bald knickt der GR-92 scharf nach links von der Straße ab. Dort überspannt eine abenteuerliche Fußgängerbrücke einen Bach. Da dieser ausgetrocknet ist, nehmen wir mit den Fahrrädern lieber die mit Beton ausgekleidete Furt neben der Brücke. Offenbar wird hier mit stark schwankenden Wasserständen gerechnet. Nach der Schneeschmelze in den Pyrenäen dürfte hier im Frühjahr einiges an Wasser durchrauschen. Der folgende Weg über Stock und Stein durch ein Waldstück ist eine Herausforderung. Spitze Steine und hervorstehende Wurzeln verlangen radfahrerisches Geschick und stabile Reifen.

Irgendwann ist dann nach vielem Geholpere das breite, von üppigem Galeriewald gesäumte Bett des Flusses La Muga erreicht. Jetzt im Winter ist der Wald seines Laubes entkleidet. Seitlich auf dem Deich verläuft eine Via Verda, ein breiter, fein geschotterter Radweg, auf dem es sich angenehm fährt. La Muga führt erstaunlich reichlich Wasser. Das wissen Kormorane zu schätzen, die hier zu Dutzenden auf ihren Schlaf- und Rastbäumen beiderseits des Flusses hocken. Oder sie schweben knapp über der Wasseroberfläche, um zuweilen zum Fischen abzutauchen. Kormorane sind hier vorwiegend Wintergäste. Im Frühjahr fliegen die meisten in ihre Brutgebiete in Mittel- und Nordeuropa. Nur wenige Exemplare bleiben über den Sommer in den Aiguamolls.

Foto: AlkeMade bei Pixabay

Foto: Kathy_Büscher bei Pixabay

Wir durchqueren die Lagunenstadt Empuriabrava, die jetzt im Winter beinahe ausgestorben wirkt, etwa in der Mitte von Südwest nach Nordost. Dann sind wir über eine Holzbrücke hinweg sogleich wieder im Naturpark.

Auf einer riesigen Freifläche grasen Camarguepferde. Von diesen aus Frankreich in die Aiguamolls eingeführten Tieren heißt es, sie würden von dem prähistorischen Solutré-Pferd, einer Wildpferdrasse, abstammen. Ältere Camarguepferde sind immer Schimmel. Allerdings dauert es einige Jahre, bis sich ihr Fell weiß färbt. Hier auf der Weide stehen demnach wohl vorwiegend Jungtiere, denn wir sehen einige Rappen und Füchse. Zwischen den Pferden fühlt sich ein einsamer Kiebitz wohl. Er braucht offenes Gelände, um am Boden seine Nahrung – Käfer, Würmer und dergleichen – zu picken. Der taubengroße Vogel mit der auffälligen, zipfeligen Haube auf dem Kopf hat in den Aiguamolls eines seiner wichtigsten Winterquartiere in Katalonien. 

Foto: YummyBrummy bei Pixabay

Auf den ersten Blick heideähnliche Landschaft umgibt uns beim Abschied aus den Aiguamolls kurz vor der Jachthafensiedlung Santa Margarida. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich um eine Salzmarsch, in der fast ausschließlich Queller wächst. Diese Pflanze braucht das Salz hier in Meeresnähe zwar als Lebenselexier, vergilbt jetzt aber. Denn zum Ende der Vegetationsperiode steigt die Salzkonzentration in den fleischigen Stängeln so stark an, dass sich der Queller selbst vergiftet und abstirbt. Im Frühjahr wird er neu austreiben. Wir fotografieren die herbstlich gefärbte Wiese und erreichen kurz darauf wieder den schon bekannten Kreisverkehr.

Wir sind von Roses auf dem Radweg entlang der C-260 Richtung Figueres zunächst bis zum Kreisverkehr (GPS 42.272449, 3.135099) am Nordwestrand der Jachthafensiedlung Santa Margarida gefahren, dort in die GIV-6102 Richtung Palau-saverdera eingebogen und von dieser nach links abgezweigt mit dem weiß-rot markierten Fernwanderweg GR-92. Ihr könnt die Fahrt alternativ in Empuriabrava beginnen. Sowohl in Roses als auch in Empuriabrava gibt es mehrere Fahrrad-Verleihfirmen. Angesichts des stellenweise steinigen Untergrunds, aus dem oft Wurzeln herausgucken, ist ein Mountainbike von Vorteil. Einen von mir erstellten Streckenplan findest du bei Komoot. Hilfreich bei der Planung ist auch der Plan des Naturparks, den du hier herunterladen kannst. Dort ist als Radtour der Itinerari 8 (Ruta dels Estanys) eingezeichnet, an dessen Verlauf wir uns großenteils orientiert haben. Am Westrand von Empuriabrava haben wir auf dem Radweg Via Verda de la Muga abgekürzt, was wir im Winter wegen der Kormorankolonie unbedingt empfehlen. Die Ruta dels Estanys ist im Gelände nicht ausgeschildert und auf kürzeren Abschnitten auch nicht mehr so befahrbar wie auf dem Naturparkplan dargestellt. Du musst also teilweise etwas improvisieren. Als Faustregel gilt, dass die Tour meist den Beschilderungen des Fernradwegs Pirinexus und/oder dem GR-92 folgt.

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