Bergisches Land: Wildpark Düsseldorf im Grafenberger Wald

Kann ein Tierpark ein wilder Ort sein? In diesem Fall ja, finde ich. Der schon 1927 gegründete Wildpark Düsseldorf ist in einen uralten Buchenwald eingebettet und beherbergt ausschließlich Tiere, die auch in den einheimischen Wäldern zu Hause sind. Sie leben hier in großzügigen Gehegen. Während Begegnungen in freier Wildbahn meist vom Zufall abhängen, kannst du Hirsche, Wildschweine & Co. im Park gut beobachten. Der Zugang ist kostenlos. Alle Wege sind gut befestigt. Mindestens 1,5 Std. solltest du für den Wildpark kalkulieren. Hinweise zur Anreise und den Link zu einem Parkplan stehen am Ende des Beitrags.

Als Empfangskomitee sind die Wildschweine zur Stelle. Am späten Vormittag findet eine offizielle Fütterung statt. Alle drängeln sich um die Tröge. Geschnittene Möhren verputzt das Schwarzwild am liebsten, Kastanien werden verschmäht. Wir sind heute zu fünft unterwegs. Eine Freundin hat Äpfel aus ihrem Garten mitgebracht und wirft sie durch das dafür vorgesehene Rohr ins Gehege. Die älteren Tieren schnappen sofort zu, während die Frischlinge noch nicht so viel damit anfangen können. Für sie sind die Früchte einfach zu groß. Sie rollen sie wie Bälle vor sich her.

Schräg gegenüber ist das Rotwild untergebracht. Ein kapitaler Platzhirsch mit imponierendem Geweih hält sich eher im Hintergrund, während einige Hirschkühe neugierig dem trennenden Zaun zustreben. Auch sie sind unseren Äpfeln gegenüber nicht abgeneigt. Der Rothirsch ist eines der größten europäischen Wildtiere. Seine natürliche Nahrung besteht aus so ziemlich allem, was die Natur an Grünfutter hergibt. Sogar Baumrinde können sie verdauen. Das macht sie wegen der Schäden, die sie in Wald und Wiese anrichten, nicht überall beliebt. Rund 200.000 Exemplare leben in Deutschland, in voneinander isolierten Vorkommen, was aus biologischer Sicht zunehmend als Problem angesehen wird, da der genetische Austausch fehlt. Größere Wanderungen, so wie früher, können die Tiere kaum noch unternehmen. Außerhalb der jagdrechtlich festgelegten Rotwildbezirke besteht sogar Abschussgebot! Einige Bundesländer haben diese Bezirke inzwischen abgeschafft.

Durch ein Waldstück steigen wir in eine Talmulde hinab. An der dortigen Gabelung nimmt uns ein rustikaler Wegweiser die Wahl der Richtung ab. Dem Pfeil Richtung „Raubtiergebäude“ folgend beschließen wir, unsere Runde entgegen dem Uhrzeigersinn zu drehen. 

Teile des Wildparks liegen in einem ehrwürdigen Buchenwald. Wir sehen Rotbuchen, die über 250 Jahre auf dem Buckel haben, wie eine Infotafel verrät. Das ist beachtlich, denn in Nutzwäldern werden Rotbuchen schon nach ungefähr 130 Jahren abgeholzt. Da der gesamte Grafenberger Wald und der nördlich angrenzende Aaper Wald mehr der Naherholung als der Forstwirtschaft dienen, dürfen Bäume auch über den Wildpark hinaus in den angrenzenden Wäldern ein methusalemisches Alter erreichen. Rothirsche und Wildschweine sind dort aber nicht zu Hause. Rehe hingegen schon. Auf diese wurde daher im Wildpark bewusst verzichtet.

Verschiedene Holzskulpturen schmücken das Gelände. So verwandelte sich ein umgekippter Baumstamm in eine mit Tierfiguren verzierte Bank. Es handelt sich um Kettensägenkunst von Jörg Bäßler. Der ehemalige Schornsteinfeger machte sein Hobby zum Beruf und arbeitet in der Tradition der Schnitzkunst seiner Heimat, dem Erzgebirge, nur eben mit der Kettensäge.

Der Teich nebenan gehört zum Feuchtbiotop des Wildparks. Von einer Aussichtsplattform siehst du die trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch üppig grünen Blätter verschiedener Wasserpflanzen. Teichrosen haben hier einen großen Bestand, ebenso der Fieberklee mit seinen überdimensionalen, dreiteiligen „Kleeblättern“. Es würde sich lohnen, im Mai oder Juni zurückzukehren, um Wasserinsekten, Frösche und die Blüten dieser Pflanzen zu beobachten.

Wir laufen auf das Gerresheimer Tor zu, einen weiteren Eingang zum Wildpark. Davor wenden wir uns links durch eine Ahornallee zum Raubtiergebäude. Bei den Fleischfressern herrscht absolutes Fütterungsverbot! Eine Wildkatze versteckt sich zwischen den dunklen Nadeln einer Eibe, kommt dann aber doch hervor und dreht eine Runde durch das Gehege. Dann hockt sie sich hin, stellt die Füße eng zusammen, spitzt die Ohren. Aufmerksam guckt sie durch den Zaun. Ein Iltis tapst von seinem Schlafplatz zum Futternapf und lässt sich durch neugierige Blicke nicht von seinem Frühstück ablenken. Die Waschbären tummeln sich noch im Innengehege. Putzig sind sie ja, die drei, die auf die Namen Frieda, Bernd und Günter hören. Da die aus Nordamerika stammenden Tiere in Europa ökologische Probleme verursachen, hat die EU die Haltung verboten. Für die drei sterilisierten Bewohner des Wildparks gilt diese Verordnung nicht, sie bleiben also als Publikumslieblinge erhalten.

Nebenan zeigen die Mufflons zunächst kein Interesse an uns, doch dann ergreift ein Widder mit schwungvoll gedrehten Hörnern die Initiative. Ihm folgen einige weibliche Tiere. Unser Apfelvorrat ist aufgebraucht. Enttäuscht wendet sich die Herde ab und zieht ihres Wegs. Diese ursprünglich nur auf den Inseln Korsika und Sardinien verbreiteten Wildschafe wurden vor gut 100 Jahren in Deutschland als Jagdwild eingeführt. Sie leben bis heute hier und da in den Wäldern, werden allerdings in Brandenburg und Sachsen durch die dort wieder eingewanderten Wölfe zunehmend dezimiert.

Im Eichhörnchenhaus turnen einige der munteren Gesellen herum und führen ihre Kletterkünste vor. Durch einen Hängetunnel können sie über den Weg hinweg in ein zweites Gehege wechseln. Die hier lebenden Exemplare stammen aus einer Auffangstation. Nur Tiere, die nicht mehr in freier Wildbahn zurechtkämen, bleiben dauerhaft. Alle anderen bereitet die Parkverwaltung auf die Auswilderung vor.

Durch eine Pforte betreten wir das Damwildgehege. Auf einer weitläufigen Wiese äst eine Herde aus weiblichen und Jungtieren. Durch geflecktes Haarkleid, hellere Färbung und kleineren Wuchs unterscheiden sie sich vom Rotwild. Die Wege sollten im Freigehege nicht verlassen werden. Das ist auch gar nicht nötig, denn die Tiere nähern sich freiwillig den Menschen. Eine Familie hat großen Spaß beim Füttern. Behutsam knabbern die Damkühe den Kindern aus der Hand. Die Hirsche sind jetzt im Herbst zur Brunftzeit in einem eigenen Gehege separiert, zu dem die Kühe ganz nach Belieben freien Zugang haben. Umgekehrt dürfen die männlichen Tiere nicht ins Freigehege. Denn wenn sie ihre Brunftkämpfe austragen, könnte es für Besucher gefährlich werden. Das ursprünglich in Vorderasien und vielleicht in Südeuropa beheimatete Damwild wurde über die Jahrhunderte hinweg von verschiedenen Landesherren in Deutschland eingebürgert, auch um das durch Jagd dezimierte Rotwild zu ersetzen. Wir bekommen keinen der Damhirsche zu Gesicht, haben aber reichlich andere Tiererlebnisse gehabt und wenden uns zufrieden dem Ausgang zu.

Kostenfreier Parkplatz am Haupteingang des Wildparks Düsseldorf (Rennbahnstraße 60; GPS 51.245851, 6.840700). Straßenbahn Linie 709 ab Düsseldorf-Hauptbahnhof bis Haltestelle „Auf der Hardt/LVR-Klinikum“, von dort 15 Minuten zu Fuß. Das Füttern von Wildschweinen, Rotwild, Damwild und Mufflons ist erlaubt, aber nur mit Äpfeln, Möhren oder Spezialfutter aus den aufgestellten Automaten. Hunde sind im Wildpark nicht gestattet. Keine Gastronomie vorhanden, also Getränke und Proviant mitnehmen. Geöffnet ist der Park täglich (außer bei Unwetter) ab 9 Uhr, Schließung je nach Jahreszeit zwischen 16 und 19 Uhr. Aktuelle Öffnungszeiten, weitere Infos zur Anreise und einen Plan des Parks findest du hier. Der Wildpark ist Teil des Grafenberger Waldes, eines beliebten Wandergebiets. Du kannst den Parkbesuch also um einen Waldspaziergang oder eine Wanderung erweitern.

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