Teiche, Sumpfwiesen und Bruchwälder bilden in den Fleuthkuhlen ein abwechslungsreiches Mosaik. Nach der letzten Eiszeit mäandrierten hier Seitenarme des Rheins. Als sich der Rhein immer mehr nach Osten zurückzog, verlandeten die Flussschleifen. Es bildeten sich Niedermoore, in denen im 18. und 19. Jahrhundert Torf gestochen wurde. Inzwischen sind die Torfkuhlen mit Grundwasser gefüllt. In der niederrheinischen Mundart bedeutet Fleuth soviel wie Fluss und wird „Flöt“ ausgesprochen. Heute ist das Feuchtgebiet ein Refugium für seltene Pflanzen und Tiere. In seinem westlichen Teil umfasst es zwei Altarme. Dort wechseln lauschige Waldpfade mit sonnigen Feldwegen ab. Ihr könnt die hier vorgeschlagene, etwa 5 km lange Strecke in einer guten Stunde bewältigen, rechnet einschließlich Fotografier- und Beobachtungspausen aber besser mit zwei Stunden. Weitere Hinweise dazu am Ende des Beitrags.
Die Fleuthkuhlen verstecken sich in einer weitläufigen Parklandschaft. Zunächst einmal sehe ich Wasserbüffel unter blühenden Obstbäumen und Pferde auf der Koppel.
An diesem warmen Apriltag tummeln sich am südexponierten Waldrand des Naturschutzgebiets die verschiedensten Schmetterlinge: Aurorafalter, Zitronenfalter und das auffällige Tagpfauenauge.
Dann tauche ich in schattigen Bruchwald ein, der ein Altgewässer säumt. Dort schwimmen Wildgänse. Weitere fliegen schnatternd über die Baumwipfel hinweg. Am Ufer leuchten die großen, gelben Blüten der Sumpfdotterblume. Noch viel mehr Sumpfdotterblumen säumen den Entwässerungsgraben Bruckmanns Ley, den der Weg quert. Zwei Frösche springen erschrocken in das dunnkle Moorwasser und verstecken sich unter einem Teppich der gezackten Blätter des Wassersterns.
Auf der „Gänsewiese“, einer breiten, morastigen Lichtung, stochern zwei Silberreiher nach Nahrung. Vermutlich sind sie auf dem Durchzug Richtung Niederlande, wo sie regelmäßig brüten. Weiter führt der lauschige Pfad durch den Eichenwald „Wörchem“. Der Boden ist hier im höhergelegenen, sandigen Zentrum der ehemaligen Mäanderschlinge sichtlich trockener.
An einer Einmündung in einen breiteren Waldweg gehe ich links. Ein abgeknickter Baum durfte stehenbleiben, sein Stamm ist voller Baumpilze. Am Wegrand sprießen die am Niederrhein eher seltenen Waldveilchen. Von den häufigeren Hainveilchen unterscheidet sie ihr Sporn, der genauso tiefblau ist wie die Blüte. Hainveilchen hingegen haben einen weißen oder zartvioletten Sporn.
Links schaue ich noch einmal in die Gänsewiese. Hier hat sich bis in den benachbarten Wald hinein das Wiesenschaumkraut als heller, schaumiger Teppich ausgebreitet.
Wenig weiter quere ich wieder den Altarm. In dem sumpfigen Bruchwald hat die Gelbe Schwertlilie schon reichlich ausgetrieben, wird ihre auffälligen Blüten aber erst Ende Mai bis Anfang Juni treiben. Daneben entfalten sich die zarten Wedel des Sumpf-Lappenfarns, einer Rarität, die am Niederrhein praktisch nur hier in den Fleuthkuhlen vorkommt.
Um zum Illemsveen, dem westlichsten Altarm der Fleuthkuhlen, zu gelangen, wandere ich über einen breiten Ackerstreifen. Jenseits davon wartet eine Überraschung. Im sumpfigen Erlenbruchwald des Illemsveens brüten Graugänse. Zwei Nester haben sie nur wenige Meter von dem hier ab und zu von Autos befahrenen Weg gebaut. Die Vögel scheinen sich nicht daran zu stören. Ebenso wirken die Graugänse auf dem Acker gegenüber ganz entspannt. Die Art wurde erst vor wenigen Jahrzehnten am Niederrhein eingebürgert. 1979 begannen sie in den Fleuthkuhlen zu brüten, heute werden Dutzende von Brutpaaren gezählt.
Am Himmel kreist ein Schwarzmilan. Er unterscheidet sich vom bekannteren Rotmilan durch den weniger spitzen Gabelschwanz und die dunkle, fast schwarze Färbung. In den letzten Jahren hat er sich am Niederrhein immer mehr nach Nordwesten verbreitet. Der Schwarzmilan lebt bevorzugt in Feuchtgebieten. Vielleicht handelt es sich hier um ein durchziehendes Exemplar, der April soll Hauptmonat für Durchzügler sein.
Nach dem kurzen Abstecher ins Illemsveen kehre ich zur vorherigen Kreuzung zurück und halte mich südwärts, um bei nächster Gelegenheit noch einmal zum ersten Altarm zurückzukehren. Stockenten ziehen auf einem größeren Teich mit verwittertem Anglersteg ihre Bahnen. Geheimnisvoll schimmert das Moorgewässer.
Weitere Feldwege führen mich zum Ausgangspunkt zurück. Unterwegs sind noch einmal zahlreiche Wildgänse zu bestaunen, die vor der Kulisse verklinkerter Bauernhäuser und typisch niederrheinischer Kopfbäume auf den Äckern nach Saat suchen.
Gestartet wird in der Nähe vom Heidkampsee. Geparkt habe ich auf dem breiten Seitenstreifen einer Allee, die sich mit dem Kiwittweg kreuzt (GPS 51.537509, 6.334194). Der vorgeschlagene Wanderweg verläuft zum Teil auf asphaltierten Feldwegen, zum Teil auf weichem Wald- oder Wiesenboden. Einen Streckenplan findest du bei Komoot. Und hier gibt es ausführliche Infos zur Tier- und Pflanzenwelt der Fleuthkuhlen. Wer mit dem Bus Linie 36 ab Bahnhof Xanten oder ab Geldern anreist, steigt an der Haltestelle Williksche Mühle aus und folgt dem alleeartigen Bartelter Weg, an Schloss Haag vorbei, zum 2 km entfernten Ausgangspunkt. Im Innenhof von Schloss Haag, das Sitz eines Golfclubs ist, gibt es einen öffentlich zugänglichen Biergarten.