Gerne wird das Spaltental des Skärån auch Grand Canyon von Schonen genannt. Bei der vorgeschlagenen Wanderung sind wir mittendrin. Für den 8 km langen Rundweg, der zunächst unten im romantisch mit Urwald überwucherten Tal dem Fluss Skärån und später aussichtsreich der oberen Kante der Schlucht folgt, haben wir knapp drei Stunden gebraucht. Weitere praktische Hinweise findest du am Ende des Beitrags.
Am Beginn der Schlucht wurde der Skärån 1929 zum Skärdammen aufgestaut. Der Teich sollte einen Mehrwert für die Gäste des Hotels darstellen, das damals an der Stelle des heutigen Nationalparktors Naturum stand. Beschaulich ziehen Enten ihre Kreise. Der üppige Baumbewuchs am Ufer spiegelt sich auf der glatten Wasseroberfläche.
Und schon sind wir im schattigen Schluchtwald, durch den sich der Skärån schlängelt. Der Holzbohlenweg ist anfangs sehr großzügig hergerichtet. So vermeiden wir es, im Sumpf herumzustapfen.
Erste Schutthalden aus Granitgestein blitzen am Rand des Tals zwischen den Bäumen hervor. Vom Frost von den Felsklippen weiter oben weggesprengte Gesteinsbrocken poltern im Winter und Frühjahr vor allem am frühen Morgen regelmäßig den Hang hinab. Die Entstehung der Schuttfächer reicht bis ins Eiszeitalter zurück.
Unten am Fuß der Hänge, wo die Luftfeuchtigkeit besonders hoch ist, sind die scharfkantigen Steine von Flechten und Moos überzogen.
Die rot markierte, kürzere Kopparhattsrunde (4 km) trennt sich von unserem Weg und verlässt das Tal nach rechts. Wir folgen geradeaus weiter dem klaren Wasser des Skärån. Die Holzplanken sind jetzt schmaler, durch ständige Nässe rutschig und teilweise auch etwas morsch.
Weitere Schutthalden ziehen sich den Hang wie Schleppen hinab.
Kreuz und quer über dem Fluss liegen umgestürzte Bäume und abgebrochene, armdicke Äste. Da die Natur im Nationalpark weitgehend sich selbst überlassen ist, wird einfach abgewartet, bis das Totholz, in dem sich seltene Käfer wohlfühlen, verrottet.
Überalterte Bäume werden nicht, wie in Forsten üblich, gefällt. Baumpilze erobern ihre Stämme. Sie beziehen ihre Nährstoffe aus dem Holz und bauen dabei durch Enzyme die Holzfasern ab.
Markante Granitfelsen zeugen von den ehemals senkrechten Hängen des Tals, das an einer tektonischen Spalte entstand. Offenbar fühlen sich Kolkraben in dem Ambiente aus Felsen und Bäumen wohl. Zumindest sind ihre Rufe zu hören, wenn wir sie auch nicht zu sehen bekommen.
Der Sprossende Bärlapp ist ein „lebendes Fossil“. Ihre große Zeit hatten die Bärlappe im Karbon, als die Steinkohle gebildet wurde. Die Entwicklung von der Spore bis zur fortpflanzungsfähigen Pflanze dauert beim Sprossenden Bärlapp zehn Jahre. Einer der Gründe, warum er selbst in Schweden, wo er noch relativ häufig ist, inzwischen als gefährdet gilt. Im Nationalpark Söderåsen findet er gute Bedingungen vor.
Wir verlassen den Talgrund. Der Weg schraubt sich über fast 100 Höhenmeter hinweg einen mit hohen Rotbuchen bewachsenen Hang hinauf. Einen solchen Wald hätte man eher in Mitteleuropa verortet. In Südschweden ist das Klima allerdings ähnlich mild. So blieb hier im Nationalpark Söderåsen Nordeuropas größtes zusammenhängendes Waldgebiet erhalten. Ihren Namen verdankt die Rotbuche dem Holz. Die Rinde ist keineswegs rot, sondern oft hellgrau.
Auch auf der Hochfläche, die wir beim Picknickplatz Liagården erreichen, wächst hallenförmiger Buchenwald. Diese Hochebene ist charakteristisch für den Söderåsen, bei dem es sich um einen Horst handelt. Er blieb in einer tektonischen Dehnungszone an Ort und Stelle, während benachbarte Schollen absackten. Auch die Täler innerhalb des Söderåsen gehen auf tektonische Risse zurück. Diese Vorgänge spielten sich in der Kreidezeit, vor etwa 70 bis 80 Millionen Jahren, ab.
Wir folgen nun der Kante der Hochfläche. An manchen Stellen lichtet sich der Wald und gibt den Blick über das Skäralidstal frei. Am gegenüberliegenden Hang sind die Gesteinsschleppen und Klippen aus einer anderen Perspektive noch einmal zu sehen. Die beginnende Gelb- und Rotfärbung der Bäume lässt erahnen, welches Farbschauspiel hier im Herbst geboten wird.
Diese Klippe hat einen ganz speziellen Ruf, dem sie den Namen Hjortsprånget – Hirschsprung – verdankt. In der Steinzeit jagte man angeblich Hirsche, indem man sie hier in die Enge trieb, damit sie ins Tal hinunterstürzten.
So richtig nahe an den Abgrund des Hirschsprungs heran haben wir uns nicht getraut. Mit gebührendem Abstand ist der Blick schon atemberaubend genug.
Ein steiler Abstieg durch den Wald bringt uns zum Skärdammen zurück.
Im Café des benachbarten Besucherzentrums winkt nun die Einkehr.
Ausgangs- und Endpunkt der mittelschweren Wanderung ist der Parkplatz beim Naturum Söderåsen (GPS 56.040102, 13.252678), dem Besucherzentrum des Nationalparks Söderåsen. Von dort sind wir der blau markierten, 8 km langen Hjortsprångsrundan („Hirschsprungrunde“) gefolgt. Einen Streckenplan findest du bei Komoot. Informationen zum Nationalpark Söderåsen gibt es hier.