Natur und Kultur sind hier eng verwoben. Der Fürstenberg steht mit seinem dicht bewaldeten Steilhang zum Bislicher Altrhein unter Naturschutz. Sein großes Vorkommen des Hohlen Lerchensporns ist sicherlich dem mittelalterlichen Kloster zu verdanken, von dem eine romantische Kapelle geblieben ist. Da sich auf dem Fürstenberg ein riesiges römisches Legionslager befand, gehört er seit 2021 zum Unesco-Welterbe Niedergermanischer Limes. Als Draufgabe zu einem zweistündigen Rundweg stelle ich die berühmt-berüchtigten Brutkolonien der Saatkrähe in Xanten vor. Weitere Hinweise und einen Link zu einem Wanderplan findest du am Ende des Beitrags.
Am Wegbeginn stand der mittelalterliche Galgen. Heute ist von der schaurigen Richtstätte außer einem Hinweisschild nichts mehr zu sehen. Gleich daneben zweigt ein lauschiger Pfad in den Wald ab, den spare ich für die Rückkehr auf. Am Waldrand ist so ziemlich alles vertreten, was die Niederrheinregion an Frühblühern zu bieten hat: Aronstab, Duftveilchen, Immergrün und Scharbockskraut, in dem sich eine Weinbergschnecke breitgemacht hat. Vom Aronstab gibt es gefleckte und ungefleckte Exemplare.
Auch ein Schmetterling lässt sich blicken, ein Tagpfauenauge. Es ist schon recht früh im Jahr zu beobachten, da die erwachsenen Falter überwintern, also nicht die Puppen oder Raupen.
Nachdem ich das mitten im Grünen gelegene Hotel Fürstenberger Hof passiert habe, stehen erste Lerchensporne am Wegrand. Der Hohle Lerchensporn liebt Baumscheiben, gerne die von älteren Bäumen. Dort breitet er sich teppichförmig aus.
Diese Teppiche gehen fast nahtlos in die Blumenwiese vor der Fürstenbergkapelle über, auf der sich einige typisch niederheinische Kopfbäume verteilen. An dieser Stelle befand sich im Mittelalter ein Kloster. Es ist also gut möglich, dass der Hohle Lerchensporn einst gezielt hier gepflanzt wurde. Er gilt in dieser Gegend nicht als heimisch, sondern als Stinsenpflanze. Darüber habe ich hier schon erzählt. 1586 wurde das Kloster zerstört, die Kapelle entstand erst etwa 100 Jahre später.
Die Fürstenbergkapelle liegt am Xantener Jakobsweg, der nach Köln führt und dort auf die Via Coloniensis Richtung Trier trifft, das Verbindungsstück zwischen mehreren deutschen Jakobswegen nach Frankreich und weiter nach Spanien. Der Pilgerweg ist mit einem Muschelsymbol markiert, das sich auch in der Weihwassernische neben der Kapellentür wiederfindet.
Gegenüber stehen zwei Zeburinder auf der Weide, die an ihrem ungewöhnlichen Buckel zu erkennen sind. Die ursprünglich aus Asien stammenden Tiere werden in Deutschland immer beliebter und können fast das ganze Jahr draußen bleiben.
An der nächsten Gabelung schlage ich zunächst die Allee nach rechts ein. Sie führt mich zu einem Hohlweg, der als Verkehrsverbindung mindestens schon 1591 existierte, wie eine Tafel informiert. Durch die jahrhundertelange Beanspruchung durch Karren und Reiter tiefte er sich immer mehr ins Gelände ein. Heute säumen ihn hohe Bäume, unter denen noch einmal ganz viel Lerchensporn blüht. An einer Wegkreuzung steht das Gotische Totengedenkkreuz oder besser gesagt eine Kopie davon, das Original befindet sich im Museum. Die verwitterte Inschrift wird auf einer Infotafel so übersetzt: „Im Jahr 1414 wurde Heinrich Bolt hier ermordet.“ Tatsächlich wurde eine Erzählung überliefert, wonach ein Reisender hier in der „Römerschlucht“ Opfer eines Raubmords wurde.
Die „Römerschlucht“ zieht sich v-förmig eingeschnitten links den steilen, dicht bewaldeten Hang hinunter. In diesem Wald brütete noch in den 1990er-Jahren die größte Saatkrähenkolonie am Niederrhein mit etwa 300 Horsten. Inzwischen sind fast gar keine Krähen mehr in diesem Waldstück zu sehen, dafür jede Menge Ringeltauben. Die Krähen sind nach Xanten umgezogen, doch dazu weiter unten mehr. Ein Versuch, durch die Römerschlucht abzusteigen, scheitert recht schnell wegen umgestürzter Bäume.
Stattdessen schlendere ich noch ein Stück geradeaus, wo der Hohlweg in einen asphaltierten Feldweg übergeht. Da mich dieser nicht so anlacht, probiere ich links einen Abstecher auf einem Wiesenweg aus. Zwei Nilgänse watscheln mir über den Weg und machen sich dann auf dem benachbarten Acker zu schaffen. Mit ihrer rot-braun gefleckten Tarnfarbe fallen sie auf dem frisch gepflügten Feld kaum auf. Dann flattern sie davon. Früher setzte sich der Wiesenweg als Hohlweg fort, dieser ist aber komplett zugewachsen, unter anderem mit Brombeeren, und dadurch unpassierbar geworden.
Ich kehre also zu dem Kreuz zurück und steige von dort zur Hochfläche des Fürstenbergs, zu einem blühenden Rapsfeld, das von unzähligen Bienen umschärmt wird. Ein Imker hat seine Bienenstöcke am Wegrand aufgestellt. Hier in diesem Bereich soll sich das römische Militärlager befunden haben. Zu sehen ist davon nichts mehr.
Nach dem kurzen Abstecher geht es durch Hohlweg und Allee zu der Gabelung bei der Kapelle zurück. Dort schlage ich den Waldpfad ein, der mich nun endlich den Steilhang zum Bislicher Altrhein hinunterbringen soll. Er erweist sich als wesentlich besser in Schuss als der blockierte Weg durch die Römerschlucht. Unten bei einem alten, einsamen Backsteinhaus überquere ich vorsichtig die doch recht stark und vor allem zügig befahrene Bundesstraße, um auf der anderen Seite einen freien Blick zum Altrhein zu haben. Nach den starken Regenfällen der letzten Wochen führt das vom Rhein längst komplett abgeschnittene Gewässer reichlich Wasser. Zahlreiche Bäume am Ufer stehen mit den Füßen darin. Schwäne ziehen ihre Bahnen.
Auf der Wiese stehen Wildgänse. Die meisten Arten sind schon wieder in ihre Brutgebiete im Norden abgeflogen. Nur Nil-, Kanada- und Graugänse halten die Stellung am Niederrhein das ganze Jahr über.
Es geht wieder zurück über die Fahrbahn. Der nun folgende Radweg links neben der Straße wird fast durchgängig von Lerchensporn gesäumt. Gegenüber sind weitere Wildgänse zu sehen. Um die 200 zähle ich. Falls du eine unkomplizierte Einkehrmöglichkeit suchst, ist die bald erreichte Tankstelle das Richtige. Sie hat alles was man braucht und sogar einen Picknicktisch auf einem Rasenplatz neben dem Naturschutzgebiet. Kurz danach zweigt links ein unscheinbarer Waldpfad ab, auf dem du auf direktem Weg zum Parkplatz gelangst. Unterwegs ist mir noch diese samtschwarze Steinhummel begegnet.
Und nun die Zugabe: Die Neugier zieht mich nach Xanten, das ein gespaltenes Verhältnis zu den Saatkrähen hat, seitdem diese ihre Brutkolonie vom Fürstenberg in die Stadt verlagert haben. Der Bestand ist in Deutschland stark geschrumpft, weshalb die Art unter besonderem Schutz steht. Nun treten Saatkrähen eben in größeren Gruppen auf und machen dadurch viel Schmutz und Lärm. Daher genehmigte die Untere Naturschutzbehörde die Vergrämung an fünf besonders sensiblen Stellen, darunter zwei Kindertagesstätten. Im Kurpark dürften sicherlich einige Krähen sehen sein. Tatsächlich werde ich dort fündig. Auf einem offenbar besonders beliebten Baum zähle ich rund 20 Nester. Im gesamten Park dürften es um die 100 sein.
Für die einen ist das Konzert der Krähen, das schon um vier Uhr früh beginnt, eine Qual. Anderen ist es Musik in den Ohren. Wie auch immer, könnt ihr im Kurpark am Gradierwerk alle Viere von sich strecken, den Krähen lauschen und gleichzeitig gesunde salzige Luft einatmen. Und hier zuletzt noch die reichliche, gelbgrüne Blüte des für den Niederrhein so typischen Spitzahorns im Park und der Blick auf den Xantener Dom.
Ausgangspunkt für meine Erkundungen am Fürstenberg war der Parkplatz beim historischen Schützenhaus Xanten (GPS 51.653878, 6.466209). Bei Anreise mit Öffis: Mit den Schnellbuslinien X27 oder X28 bis Xanten-Viktorstraße, von dort 10 Minuten zu Fuß. Einen Wegeplan habe ich bei Komoot eingestellt.