Azoren: Der Zwillingskrater bei Horta

Zwei auf den ersten Blick ähnliche und doch sehr unterschiedliche Kegelberge bilden bei Horta, dem Hauptort der Azoreninsel Faial, ein spannendes Ensemble. Der vordere, Monte Queimado, ist durch terrestrischen Vulkanismus, der also von der Insel selbst ausging, entstanden. Hingegen verdankt der hintere, weit in dem Atlantik hinausgeschobene Monte da Guia seine Bildung Eruptionen unter Wasser. In seinen Doppelkrater ist das Meer eingedrungen. Ein Wanderweg verbindet die beiden Vulkane. Einschließlich Pausen habe ich dafür gut zwei Stunden benötigt. Weitere Hinweise stehen am Ende dieses Beitrags.

Tunnelartig führt der Pfad auf den Monte Queimado durch dichtes Gebüsch. Bei sommerlicher Hitze ist der Schatten beim Aufstieg hochwillkommen. Von Natur aus würde diese Macchie der milden Küstenzone von Azoren-Baumheide und dem Gagelbaum, auch als „Inselbuche“ bekannt, gebildet. Heute mischt sich vielfach der Krausblättrige Klebsame darunter, ein im 18. Jahrhundert aus Australien eingeführter Strauch, der überall auf den Azoren verwilderte. Er ist durch seine gewellten Blätter zu erkennen.

Auch dieser sehr auffällige Mondsichelfarn zählt nicht zur ursprünglichen Flora. Der aus Japan stammende Farn wurde wahrscheinlich auf Faial zunächst als Zierpflanze kultiviert. Inzwischen hat er die Küsten fast aller Azoreninseln erobert. Im Gegensatz zum Klebsame gilt er als unproblematisch, da er die einheimische Vegetation nicht verdrängt.

Ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg? Heute jedenfalls ein Lost Place. Vermutlich wurde der 86 m hohe Gipfel des Monte Queimado genauso gesichert wie der benachbarte Monte da Guia, wo sich seit 1941 eine Küstenbatterie befand.

Der Treppenabstieg an der Südflanke des Monte Queimado ist unangenehm steil. Dafür entschädigt der Blick auf das türkisfarbene Wasser der Bucht von Porto Pim.

Unten auf dem schmalen Isthmus zwischen Monte Queimado und Monte da Guia haben sich Dünen gebildet, die an die Nordsee denken lassen. Überraschend blühen dort einige Strandlilien, auch Dünen-Trichternarzissen genannt. Auf den Azoren kommen sie anscheinend nur auf Faial vor, gelten als eingeschleppt. Ihre duftenden Blüten entfalten sie erst am Nachmittag.

An der exponierten Ostseite des Isthmus liegt dieser kleine, idyllische Kiesstrand. Er hält eine botanische Überraschung bereit. Unter Tamariskengebüsch blüht die Azorenglockenblume, eine endemische, sehr gefährdete Pflanze, die Meeresgischt verträgt. Am Monte da Guia wuchsen vor wenigen Jahren nur noch drei Exemplare, wie eine Informationstafel in der Nähe verrät. Seither hat sich der Bestand durch ein Schutzprojekt offenbar erholt.

Die Familie Dabney, die im 19. Jahrhundert das amerikanische Konsulat in Horta innehatte, eine erste Walfabrik betrieb und ein Sommerhaus am Fuß des Monte da Guia unterhielt, ließ den Miradouro da Lira anlegen. Der Aussichtspunkt bietet einen Weitwinkelblick über die Bucht von Porto Pim hinweg zum zentralen Gebirge Faials mit der wolkenverhangenen Caldeira do Cabeço Gordo.

Nach erneutem steilem Anstieg durch Macchie, diesmal am Hang des Monte da Guia, wird die Sicht frei auf den Monte Queimado. Dieser Vulkan entstand bei einer terrestrischen Eruption vom Stromboli-Typ.

Der Gipfel des Monte da Guia (145 m) ist nicht zugänglich. An der Ermida Nossa Senhora da Guia endet für den öffentlichen Verkehr die schmale Zufahrtsstraße, die der Wanderweg auf einem kurzen Abschnitt benutzt. Die ehemalige Walfängerkapelle ist ein beliebtes Ausflugsziel.

Kein Wunder, denn vom sichelförmigen Kraterrand des Monte da Guia bietet sich hier dieser Ausblick auf seinen vom Meer eroberten Doppelkrater, die Caldeirinhas („Kesselchen“).

Auf dem Kraterrand passiere ich einen Ausguckposten, der von dieser erhöhten Stelle nach Walen Ausschau hält, um den Whalewatchern den Weg zu weisen. Freundlich grüßt er herüber. Dann wird es einsam. Dieser Wegabschnitt wird selten begangen. Steil führt er am Ende fast bis zum Meer hinunter.

Hier am Miradouro do Neptuno hat José „Peter“ Azevedo bei einem Unwetter im Februar 1986 sein legendäres Brandungsfoto geschossen. Wie sich bei der Entwicklung herausstellte, hatte die riesige abgebildete Welle die Form eines Gesichtprofils, das Peter dem Meeresgott Neptun zuordnete. Das Bild ist im Peter Café Sport zu besichtigen und auf dort verkauften Souvenirs abgedruckt.

Wildlebende Tiere sind auf den Azoren ein eher seltener Anblick. Ich entdecke eine Wanderheuschrecke. Sie hat auf der Inselgruppe ihr westlichstes Vorkommen. Im Gegensatz zu afrikanischen und asiatischen Ländern, wo sie riesige Schwärme bildet und als Schädling berüchtigt ist, richtet sie hier offenbar kein nennenswertes Unheil an. 

Auf dem Rückweg wird am Sandstrand von Porto Pim klar, woher der Monte Queimado („verbrannter Berg“) seinen Namen hat. Er verdankt ihn dem schwarzen Gestein, das die Meeresbrandung an seiner Flanke freigelegt hat. Wer Badesachen mitgenommen hat, kann sich hier nach der Tour erfrischen.

Der heutige Tourenvorschlag folgt dem Wanderweg PRC 08 FAI „Entre Montes“. Wer in Horta wohnt, erreicht den Einstieg am Nordrand des Monte Queimado bequem zu Fuß. Ausgangspunkt ist die Straßenkreuzung am Südwestrand des großen Hafenbeckens, wo die Rua José Azevedo in die Rua Nova übergeht (GPS 38.527962, -28.626495). Dort geht man beim Restaurant Canto da Doca die schmale Rua da Rosa hinauf bis zum Abzweig des Wanderwegs (Schild: Monte Queimado). Wer mit dem Mietwagen anreist, kann die Tour stattdessen am Parkplatz zwischen dem Monte Queimado und dem Monte da Guia (mit Wandertafel, GPS 38.523279, -28.624536) beginnen. Eine Beschreibung der Wanderung findest du hier, außerdem habe ich einen Streckenplan bei Komoot eingestellt. Der Schwierigkeitsgrad der Wanderung ist offiziell mit „leicht“ angegeben, doch sind mehrere sehr steile An- und Abstiege zu bewältigen, was je nach Wetterlage insbesondere im Hochsommer anstrengend werden kann. Unbedingt festes Schuhwerk anziehen!

Heute habe ich gleich zwei Einkehrtipps für euch. Naheliegend für einen Snack gleich nach der Wanderung ist A Padaria, die Bäckerei am Westrand des Strands von Porto Pim. Dort bekommt man nicht nur allerlei süße Teilchen, sondern auch Pikantes wie Reibekuchen mit Stockfisch oder Rissóis de Camarão (Teigtaschen mit Krabbenfüllung). Wenn ihr Neptuns Gesicht besichtigen möchtet, führt euer Weg stattdessen vielleicht in die Kultkneipe Peter Café Sport, die für ihren Gin Tonic im ganzen Atlantik berühmt ist. Darüber hinaus gibt es aber auch Verschiedenes zu essen, zum Beispiel Fischsuppe.

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