In den Wiesen und Wäldern der Schönecker Schweiz leuchten im Mai Mondviolen, Wildorchideen und allerlei andere Blütenpflanzen um die Wette. Eine gute Gelegenheit, diese besondere Landschaft mit ihren wildromantischen Dolomitfelsen zu erkunden. Die vorgeschlagene Wanderung ist leicht bis mittelschwer mit zwei kürzeren Anstiegen. Wir haben für den Rundweg mit Fotopausen insgesamt dreieinhalb Stunden benötigt. Weitere Hinweise und einen Link zu einem Streckenplan findest du am Ende des Beitrags.
Erstes Ziel ist die Ruine von Burg Schönecken, die hoch über dem Ort auf einem Bergvorsprung thront. Im 19. Jahrhundert wurde das mittelalterliche Gemäuer, das nun nicht mehr zur Verteidigung benötigt wurde, regelrecht ausgeschlachtet. Die meisten Steine wurden abgetragen und anderswo als Baumaterial verwendet. Diese noch erhaltenen Mauern gehörten zu einem ursprünglich dreistöckigen Wohngebäude und einem Turm.

Am angrenzenden Nordhang des Altburgtals kommt das Mannsknabenkraut eher später zur Blüte als anderswo. So ist es heute trotz des fortgeschrittenen Frühjahrs reichlich zu sehen. In Rheinland-Pfalz ist es noch relativ häufig. Dabei hilft ihm seine Flexibilität, unterschiedlichste Standorte zu besiedeln. Seine Blätter können gefleckt oder ungefleckt sein, oft sind beide Varianten bei benachbarten Pflanzen zu beobachten. Die Blütenkerzen sind meist kräftig violett.


Hier zeigt sich das Altburgtal mit Streuobstwiesen und kleineren Baumgruppen besonders idyllisch.

In einer Wacholderheide an einem Südhang blühen noch zahlreiche Himmelsschlüssel. Da die Schönecker Schweiz durchweg in Höhen um 400 bis 500 m über dem Meeresspiegel liegt, kommen sie hier relativ spät zur Blüte.

Der Weg tritt nun unten in der Talsohle des Altburger Bachs in einen dichten Wald ein, wo Mondviolen einen flächendeckenden Teppich bilden. Ihre Blüten bringen den Waldboden zum Leuchten.

Hier ist im Altburger Bach kein Tropfen Wasser zu sehen. Das Tal wirkt völlig ausgetrocknet, obwohl es kürzlich geregnet hat. Ein Schild gibt die Erklärung dafür. Das Wasser verschwindet etwa 700 m oberhalb in Klüften des verkarsteten Kalkuntergrunds und tritt erst unterhalb dieser Brücke wieder ans Tageslicht.

Zu den Kräutern, die im Schluchtwald blühen, zählt die Vielblütige Weißwurz – eine Verwandete des Echten Salomonssiegels, bei dem nur ein bis zwei Glockenblüten in den Blattachseln hängen. Es ist in der Eifel eher selten, im Gegensatz zu dieser Art, bei der jeweils bis zu fünf Blüten zusammensitzen.

Genauso ist die Berg-Goldnessel typisch für Auen- und Schluchtwälder der Eifel auf Kalkboden und bei Insekten sehr beliebt. Eine Gartensorte mit stark panaschierten, also silbrig-weiß gefleckten Blättern, ist als invasiv in Verruf geraten. Vielerorts breitet sie sich invasiv in den Wäldern aus. Bei der Naturform der Berg-Goldnessel sind nur die unteren Blätter gefleckt. Inwieweit sich hier schon die Gartenform eingekreuzt hat, ist schwer zu beurteilen.

Während der Talboden im unteren Teil großenteils mit Fichten aufgeforstet ist, setzen sich weiter taleinwärts die von Natur aus im Auen- und Schluchtwald gedeihenden Laubbäume durch. Das Ambiente ist urwaldartig. Noch einmal häufen sich die Mondviolen. Diesen und den zweiten Namen Silberblatt verdanken sie ihren halbmondförmigen, silbrig durchscheinenden Früchten, die ab August erscheinen und den ganzen Winter über an den Pflanzen hängenbleiben werden. Hier begegnen uns auch einige größere, dicht überwucherte Felsformationen.


Wir zweigen vom Talgrund ab, um links den bewaldeten Hang hinaufzusteigen. Dort begegnet uns ein kleiner Trupp der Einbeere, einer seltsamen Pflanze, deren vier Blätter in alle Himmelsrichtungen abstehen. Oben ragt eine einzelne, grünliche Blüte heraus. Sie wird von Fliegen bestäubt.

Auch aus der Hochfläche, die wir nach kurzem, aber steilem Anstieg erreichen, ragen Felsen heraus, überwuchert und voller geheimnisvoller Spalten. Das Dolomitgestein stammt aus dem Mitteldevon vor knapp 400 Millionen Jahren, als das Gebiet noch von einem tropischen Flachmeer bedeckt war. Die heutigen Felsformationen entstanden durch tektonische Hebung und anschließende Erosion.

Ein Abstecher führt zu den Resten einer Keltenfliehburg, die sich im Wald verstecken. Einst über dem Tal an einer exponierten Stelle errichtet, die eine gute Übersicht bot und leicht zu verteidigen war, sind nur moosbewachsene Reste der ehemaligen Wälle geblieben. Hier suchten die in der Umgebung ansässigen Menschen in unruhigen Zeiten Schutz. Dauerhaft bewohnt war die Fliehburg hingegen nicht.


Wir nähern uns Schönecken, der Wald lichtet sich und macht blütenreichen Wiesen Platz.

Die Grünliche Waldhyazinthe ist typisch für Orchideen-Buchenwälder auf kalkreichem Boden. Sie steht an Waldrändern oder in kleinen Gebüschgruppen.

Keine Orchidee, sondern die Große Sommerwurz, eine Schmarotzerpflanze, die selbst keine grünen Blätter und somit kein Chlorophyll besitzt. Anstatt Photosynthese zu betreiben, holt sie sich ihre Nährstoffe von Wirtspflanzen, die sie mit ihren Wurzeln anzapft. Ihre Blütenstände, die hier noch geschlossen sind, können bis zu 60 cm hoch werden.

Am sonnenverwöhnten südexponierten Hang des Altburgtals, den wir nun hinuntersteigen, leuchten die Blüten des Blutroten Storchschnabels. Diese sind pinkfarben. Sein Laub hingegen färbt sich im Herbst rot.

In einem kleinen Waldstück treffen wir noch einmal auf Orchideen. Beim Weißen Waldvöglein bleiben die Blüten geschlossen. Sie bestäuben sich selbst. Da die Pflanze teilweise parasitisch lebt, verträgt sie viel Schatten.

Noch mehr gilt dies für die Vogelnestwurz, den einzigen Vollschmarotzer unter den mitteleuropäischen Orchideen. Sie kann sogar im tiefsten Schatten überleben und bezieht ihre Nährstoffe von Bäumen.

Zuletzt finden wir noch diese kräftig blühende Gruppe von Akeleien, die häufige Begleiter von Orchideen sind. Mit ihren tütenförmigen, nickenden Blüten waren sie früher ein Symbol für Demut.

Ausgangs- und Endpunkt ist der Wanderparkplatz Schönecken (GPS 50.164731, 6.461945) . Wir sind dem 8,5 km langen „Keltenweg“ gefolgt, der neu konzipiert und ausgeschildert wurde. Achtung, dieser stimmt in Teilen nicht mehr mit der auf einer Tafel am Wanderparkplatz abgebildeten Route überein. Infos zur aktuellen Routenführung findest du hier, einen Streckenplan habe ich bei Komoot eingestellt. Per Bus ist Schönecken zu erreichen mit Linie 440 der EMV, die zwischen Bitburg und Prüm verkehrt.
Nach der Wanderung freut man sich – sofern am Sonntag unterwegs – über die Nice Corner, einen coolen Imbissstand am Wanderparkplatz Schönecken mit Crêpes, Waffeln und Kaffee aus der Dauner Rösterei. Bitte vorher bei Facebook checken, ob tatsächlich geöffnet (wetterabhängig).
Unser Extratipp: Wer die Tour in tierischer Begleitung aus einer neuen Perspektive erleben möchte, kann ganz ähnlich wie beschrieben mit den Lamas und Alpakas von Eifelnomaden in Begleitung eines Guides wandern. In kleinen Gruppen mit Gleichgesinnten oder auch individuell.