Das Neandertal ist zu jeder Jahreszeit für Überraschungen gut. Besonders spannend im März: die beiden Graureiher-Brutkolonien, von denen ich eine heute besuchen möchte. Außerdem steht das Eiszeitliche Wildgehege auf dem Programm. In dem artenreichen Buchenwald des Neandertals sind schon erste Blüten zu sehen. Die Rundwanderung dauert knapp drei Stunden. Zwischenzeitlich gibt es mehrere steile An- und Abstiege, die zwar kurz, aber dennoch fast schon alpin sind. Festes Schuhwerk ist also angebracht. Weitere praktische Hinweise und den Link zu einem Streckenplan findest du am Ende des Beitrags.
Der Mettmanner Bach gurgelt als Wildbach durch seinen Auenwald, in dem gerade die Schlehen blühen. An seiner Südflanke zweigt bei einem schummrigen Gemäuer, einem alten Kalkofen, ein weicher Waldweg ab. Er führt mich talabwärts. Am Wegrand leuchten hier und da die goldgelben Sternblüten des Scharbockskrauts. Der Frühblüher ist zwar sehr häufig und eigentlich nichts Außergewöhnliches, aber doch immer wieder schön.
Über den landwirtschaftlich genutzten Bergrücken am Kretzberg steige ich in das eigentliche Neandertal, durch das die hier auf einem längeren Abschnitt fast völlig naturbelassene Düssel fließt. Dort stehe ich vor den Mauerresten des Holzer Flößwehrs. Eine Tafel erklärt den Zweck dieser im 19. Jahrhundert errichteten Konstruktion: Der Bach wurde aufgestaut, um die benachbarten Wiesen mit seinem nährstoffreichen Wasser zu düngen. Dadurch stieg der Heuertrag erheblich. Bei einem früheren Besuch hatte ich hier eine junge Ringelnatter beobachtet. Möglicherweise ist es jetzt noch zu früh dafür, die Tiere halten bis in den März hinein Winterruhe.
Ganz in der Nähe treffe ich auf eine Überraschung: die ersten Blüten des Buschwindröschens, erstaunlich früh im Jahr. Die milde Witterung der vergangenen Wochen macht es möglich. Hinzu kommt ein sehr geschützter, sonniger Standort am Südhang.
Auffällig viele Zitronenfalter sind schon unterwegs. Beim fünften habe ich aufgehört zu zählen. Zitronenfalter sind frosthärter als andere Schmetterlinge und sind schon im Spätwinter aktiv, sobald sich die Sonne zeigt.
Nun aber die Reiherkolonie. Sie befindet sich auf einer Trauerweide, die mitten in einem Teich steht. Zwei Reiherpaare haben ihre Nester schon bezogen, die anderen stehen noch leer. Dicht an dicht brüten die Vögel in dem Baum und lassen sich durch Spaziergänger nicht beirren. Nun sind sie natürlich dort mitten im Wasser auch wirklich ungestört. Bis in die 1970er-Jahre galt der Graureiher als sehr gefährdet. Angler sahen ihn als Konkurrenz beim Fischfang an, heute sind sie da wesentlich entspannter. Gefahr droht den Jungvögeln eher durch Greifvögel und Marder.
Am Teichrand entdecke ich zwei Kanadagänse. Sie grasen ganz gemütlich vor sich hin. Wie der Name schon sagt, stammen sie ursprünglich aus Kanada, wurden in Europa zunächst als Ziervögel ausgesetzt und haben sich inzwischen eingebürgert.
Der Weg überquert die Düssel und steigt an der gegenüberliegenden, schattigen Talseite auf einem weniger begangenen, recht wilden Abschnitt allmählich zum Eiszeitlichen Wildgehege an. Wo dann allerdings eine Menge los ist, denn die dort gehaltenen Tiere sind eine große Attraktion. Dem ausgestorbenen Auerochsen nachgezüchtet sind die Heckrinder, die in einem riesigen Gehege leben. Zunächst halte ich vergeblich nach ihnen Ausschau. Im Uhrzeigersinn um den Zaun herum führt eine Erdtreppe zum wildromantischen Rehbockbach hinunter und ebenso steil wieder hinauf, wo ich dann auf einer Hochfläche bei einem Stall auf die Herde treffe. Mindestens zwei Dutzend Tiere aller Altersgruppen, auch ein paar Kälber sind dabei, halten sich gerade gemeinsam hier auf. Sie liegen verdauend im Gras oder schreiten behäbig herum, ein paar Jungtiere kabbeln sich auch schon einmal.
Die drei jungen Wisentkühe, die 2021 in das neue, zukünftig für die Zucht bestimmte Wisentgehege eingezogen sind, bekomme ich nicht zu Gesicht. Vermutlich halten sie sich im Stall auf. Ein Greifvogel zieht weit oben am Himmel seine Kreise über der leeren Weide. Nun folgt der spannendste Abstieg auf dieser Runde, durch ein dschungelartig zugewachsenes Tal. Ein Specht macht sich durch lautes Klopfen an einem Baum bemerkbar, zeigt sich aber nicht. Dafür entdecke ich ein neugieriges Rotkehlchen, das in einem Baum am Wegrand wartet und vielleicht auf Futter hofft.
Als dritte urzeitliche Tierart werden Tarpane gehalten, also rückgezüchtete Wildpferde, wie sie früher in den mitteleuropäischen Wäldern und nach Osten bis weit nach Asien hinein lebten. Ich treffe sie auf ihrer Winterweide unten im Tal an. In Zukunft sollen sie mit den Wisenten zusammen in einem Gehege gehalten werden.
Ich wähle für den Rückweg die sonnige Route durch das Düsseltal in der Hoffnung, hier weitere Buschwindröschen zu sehen. Von früheren Besuchen weiß ich, dass sie hier wachsen. Aber sie zeigen sich noch nicht. Stattdessen gibt es die Blüten des Erdbeer-Fingerkrauts zu sehen. Es sieht der Walderdbeere sehr ähnlich, blüht aber viel früher und bringt keine Beeren hervor.
Ein letzter Blick zurück ins Tal der Düssel zeigt den wunderbaren, hohen Rotbuchenbestand, noch unbelaubt. Im Unterwuchs gedeihen zahlreiche Stechpalmen, auch unter dem Namen Ilex bekannt. Sie zeigen milde Klimaverhältnisse an.
Kurz vor Erreichen der Hochfläche sehe ich links einen Gesteinsaufschluss. Zwei Wanderer stehen interessiert davor und fragen sich, was das wohl sein mag? Es ist die im Bergischen Land sehr häufige Grauwacke, ein Sandstein aus dem Devon, der oft fließend in Schiefer übergeht.
Auf dem Rückweg fasziniert nach erneuter Überquerung des Kretzberg-Rückens noch einmal der Blick hinab zum Mettmanner Bach. Es ist kühl und schattig unten im Tal, daher ist auf Inseln zwischen zwei Gewässerarmen die Schneeglöckchenblüte noch im Gang. An sonnigeren Stellen leuchten noch einmal die dottergelben Sternblüten des Scharbockskrauts bis zum Weg hinauf.
Gestartet wird auf dem gebührenfreien Wanderparkplatz Seniorenheim P4 (GPS 51.235049, 6.970650) an der Talstraße südlich von Mettmann. In der Nähe befindet sich eine Bushaltestelle (Busse 741, 743 des VRR). Einen Routenplan findest du bei Komoot. Informationen zum Eiszeitlichen Wildgehege und den dort lebenden Tieren gibt es hier. Das Wildgehege ist jederzeit frei zugänglich.
Als Alternative für den Rückweg bietet sich ein Abstecher zum Neanderthal Museum an. Dazu folgt man vom Tarpangehege dem rechten Ufer der Düssel abwärts auf einem schattigen Weg und erreicht über eine Fußgängerbrücke und die Talstraße hinweg das Museum. Anschließend folgt man dann an der Südseite des Mettmanner Baches einem lauschigen Waldweg zurück zum Ausgangspunkt. Die Gesamtgehzeit verändert sich durch diese Variante nicht. Gegenüber vom Museum bietet der Neanderthal Kiosk mit Sonnenterrasse und Bio-Currywurst, auch vegan, eine unkomplizierte Einkehrmöglichkeit (Öffnungszeiten stehen bei Google Maps).